Es war die 21-jährige Hannah Page, die die Generalsynode der Kirche von England am eindringlichsten aufforderte, den Weg für die Bischofsweihe von Frauen frei zu machen. Sie sei gerade ein Jahr alt gewesen, als Frauen zum Priesteramt zugelassen wurden, sagte die Jugendvertreterin. Seitdem werde darüber diskutiert, Frauen auch zum Bischofsamt zuzulassen.
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"Mein ganzes Leben lang haben wir jetzt darüber debattiert. Ich möchte nicht warten bis ich 30 bin, bis es soweit sein wird", appellierte sie an die Synode. Und der Applaus, den sie erntete, ließ berechtigte Hoffnung zu, dass Hannahs Wunsch in Erfüllung gehen könnte. Doch am Dienstagabend sollte alles ganz anders kommen.
Letztmalig debattierte die Generalsynode der Kirche von England kontrovers über den Gesetzentwurf, der Bischöfinnen vorsah. Dabei war schon vorab deutlich, dass es eine sehr knappe Entscheidung werden könnte. Denn für die Annahme des Gesetzes ist eine Zweidrittelmehrheit in allen drei Häusern der Synode nötig, aber ausgerechnet die Laien verwehrten dem Gesetz letztlich die nötige Mehrheit. Damit setzte sich vor allem die Minderheit der Traditionalisten in der anglikanischen Kirche. Sie sehen die Bischofsweihe von Frauen als nicht durch die Bibel gedeckt an.
Befürworter lehnen Kompromiss ab
Mit 74 Stimmen gegen und 132 Stimmen für den Gesetzentwurf erreichte der Antrag nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit im Haus der Laien. Es fehlten lediglich sechs Stimmen, um Kirchenfrauen den Weg ins Bischofsamt und damit auch ins britische Oberhaus zu ebnen. Dabei enthielt der Entwurf einen Kompromiss, der auch traditionellen Gemeinden innerhalb der Kirche gerecht werden sollte. Sie sollten die Möglichkeit erhalten, einen männlichen Bischof zu konsultieren, sollte ihre Diözese eine Frau als Bischöfin haben. Doch dieser Kompromiss stieß auch bei einigen Befürwortern von Frauen im Bischofsamt auf Kritik. Sie befürchteten, Frauen erhielten damit nicht den gleichen Stellenwert im Bischofsamt wie Männer.
Absolute Stille herrschte im Saal, nachdem der Erzbischof von York, John Sentamu, das Ergebnis verkündet hatte. Viele Synodenmitglieder waren erschrocken und blickten ungläubig, als zum Abschluss des Tages ein Lied angestimmt wurde. Später flossen bei einigen Unterstützern der Reform die Tränen. Die Synode, die sich während des Tages geduldig weit mehr als 100 Debattenbeiträge für und gegen den Entwurf angehört hatte, wirkte plötzlich wie eine Trauergemeinde.
Der scheidende Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, sagte sichtlich betroffen, er empfinde eine tiefe persönliche Traurigkeit. "Ich fühle aber auch mit den weiblichen Geistlichen und allen Männern, die sie unterstützen. Es ist eine verpasste Chance."
Medien sehen Kirchenkrise
Britische Medien sprechen von der größten Krise der anglikanischen Kirche in der modernen Zeit. Mehrere Kommentatoren zeigten sich überzeugt, dass die Kirche ihr Ansehen und das Vertrauen in der britischen Gesellschaft verloren habe. Die ehemalige Innenministerin Jacqui Smith kritisierte die Kirche scharf: "Entstaatlichen - sie repräsentieren nicht mein Land", schrieb die Labour-Politikerin im Kurznachrichtendienst Twitter als Reaktion auf die Abstimmung. Derzeit hat die Kirche von England 26 Sitze im britischen Oberhaus, die mit Bischöfen besetzt sind.
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Die Ablehnung des Gesetzes stellt den designierten Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, vor die schwierige Aufgabe, die mit dem Scheitern des Entwurfs tief gespaltene Kirche wieder zu einen. Er hatte in der Aussprache des Kirchenparlaments stark für den Gesetzentwurf geworben und erlebt eine erste große Enttäuschung - noch bevor er das Amt des Erzbischofs überhaupt angetreten hat. Frauen hätten als Priesterinnen in den vergangenen zwei Jahrzehnten enorme Dienste für die Kirche geleistet, sagte Welby. Er plädierte dafür, Differenzen zu überwinden. Doch sein Appell wurde nicht von allen erhört.
Nun steht die Kirche vor einem Scherbenhaufen. Nach einer Jahrzehnte andauernden Debatte werden weitere Jahre vergehen, bis wieder ein neuer Gesetzentwurf ins Kirchenparlament eingebracht werden kann. Die Jugendvertreterin Hannah muss also doch noch viel älter werden, bis die Kirche sich vielleicht dazu durchringt, Frauen zu Bischöfen zu weihen.