Deutscher Pfarrer: "Schock für Jerusalem"

Deutscher Pfarrer: "Schock für Jerusalem"
Der Luftalarm in Jerusalem hat auch die Deutschen in der Stadt unvorbereitet getroffen. "Das ist für Jerusalem ein Schock", sagte Pfarrer Michael Wohlrab am Samstag dem Evangelischen Pressedienst (epd).
17.11.2012
Thomas Schiller

Die deutsche Gemeinde sei beim Martinsumzug auf dem Ölberg überrascht worden. Die rund 50 Kinder und 50 Erwachsenen hätten sofort Schutz hinter den massiven Mauern der Himmelfahrtskirche gesucht. Das Gebäude war 1910 errichtet worden und wird getragen von der Kaiserin-Auguste-Victoria-Stiftung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Am Samstag blieben in der Jerusalemer Altstadt viele internationale und christliche Schulen, die nicht von der Sabbat-Ruhe betroffen sind, aus Sicherheitsgründen geschlossen, berichtete Wohlrab. In der Stadt herrsche eine "fast gespenstische Ruhe". Für den Fall einer Zuspitzung sei die vor der Stadt liegende Himmelfahrtskirche von der deutschen Botschaft als Sammelpunkt für die Deutschen in Jerusalem vorgesehen. Insgesamt leben in ganz Israel schätzungsweise 8.000 Deutsche sowie weitere 70.000 Menschen, die neben der israelischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, sagte der Pfarrer unter Berufung auf offizielle Angaben.

Der Glaube, dass nichts passiert

Die Einwohner von Jerusalem hätten sich in den vergangenen Jahren in Sicherheit gefühlt und angenommen, dass die für Juden, Muslime und Christen heilige Stadt von Angriffen verschont bleibe, sagte der Theologe, der im Dienst der EKD seit sechs Jahren in Israel arbeitet. Die meisten Menschen hätten geglaubt: "Da passiert nichts." Dass auch Jerusalem in der Reichweite palästinensischer Raketen liege, sei überraschend gewesen. Im Gegensatz zu Israelis, die durch ihre Militärdienst-Erfahrung auf Alarme vorbereitet seien, hätten die Deutschen verunsichert auf den Alarm reagiert und nicht gewusst, wie sie sich verhalten sollten.

Am Freitagabend habe der Martinszug der Gemeinde seinen Abschluss nicht im Freien, sondern im Inneren der Himmelfahrtskirche gefunden: "Es war schön, die Kirche als einen Raum des Schutzes zu erleben und sich darin sicher zu fühlen", sagte Wohlrab. Die Martinslegende vom ehemaligen Soldaten, der seinen Mantel mit den Armen teilt, habe plötzlich einen aktuellen Bezug erhalten in dem Land, in dem Gewalt alltäglich sei und kaum jemand bereit sei, zu teilen.