Sie befürchte aber, dass Verbote "den Rechtsextremisten nicht das Handwerk legen, sie suchen sich dann andere Wege". Es helfe vermutlich wenig, Menschen mit rechtem Gedankengut "in die Ecke zu drängen und zu kriminalisieren", sagte die oberste Repräsentantin von knapp 2,5 Millionen Protestanten. "Verbotenes entwickelt eine merkwürdige Attraktion, und es zu tun, sorgt für Aufmerksamkeit."
Die leitende Theologin der viertgrößten Landeskirche in Deutschland empfiehlt stattdessen, möglichst offen über das Thema zu reden und genauer zu ergründen, "was da wirklich passiert und was wir dagegen tun können".
Rechtsextreme Einstellungen fänden sich in der Mitte der Gesellschaft und die meisten Rechtsextremisten seien "im Innersten gar keine Überzeugungstäter", betonte Kurschus. "Es sind offenbar unzufriedene Menschen, die sich benachteiligt fühlen und bei Neonazis mitmachen, weil ihnen das Aufmerksamkeit und ein Gefühl von Stärke vermittelt."
Gute Sozialpolitik auch gut gegen Rechtsextremismus
Die tiefe Kränkung von Menschen etwa durch soziale Ungerechtigkeit lasse leicht einen Boden entstehen, "der aufnahmebereit ist für alles, was einen Menschen nach vorne bringt - und sei es eine extreme Tat oder Einstellung". Hier sei auch die Politik gefragt: "Eine gute Sozialpolitik ist ja auch eine gute Politik gegen Rechtsextremismus." So müsse es Möglichkeiten geben, Menschen in Arbeit zu bringen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance hätten.
Wichtig sind nach Ansicht der westfälischen Präses aber auch Angebote für gefährdete Jugendliche, "wo sie sich aufgehoben fühlen und für etwas engagieren können". Ein Orchester oder ein Sportverein könne junge Leute prägen und stärken, "sie werden beachtet und entwickeln Selbstbewusstsein". In dieser Richtung müsse mehr geboten werden, das gelte auch für die Kirchen.