"Wann, wenn nicht jetzt, ist es Zeit dafür", sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast mit Verweis auf die Morde der rechtsextremen Terrorzelle an vorwiegend aus der Türkei stammenden Migranten am Mittwoch in Berlin. Zusammen mit Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck stellte sie eine "Road Map" zur rechtlichen Gleichstellung des Islam vor.
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Es sei bereits zu viel Zeit vertan worden, ohne dass Muslime die gleichen Rechte wie Christen und jüdische Gemeinschaften hätten, ergänzte Künast. Insbesondere verwies sie auf die Seelsorge in Krankenhäusern und in der Bundeswehr sowie die Beteiligung in Rundfunkräten. Die 2006 von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) eingesetzte Islamkonferenz sei bei der Anerkennung von Religionsgemeinschaften in eine Sackgasse geraten, kritisierte die Grünen-Politikerin.
Die Grünen plädieren dafür, diesen Punkt zum hauptsächlichen Anliegen der Islamkonferenz zu machen. In dem Gremium müssten zudem alle großen islamischen Verbände sowie unabhängige Moschee-Gemeinden vertreten sein. Der Zentralrat der Muslime boykottiert derzeit die Konferenz. Darüber hinaus ist der Islamrat wegen des laufenden Ermittlungsverfahren gegen führende Mitglieder der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs bis auf weiteres von den Verhandlungen suspendiert. Nach Vorstellung der Grünen soll auch der Bundestag an der Islamkonferenz beteiligt werden.
Lösungen für Übergangszeit
Die Gründung und Anerkennung muslimischer Religionsgemeinschaften wird nach Schätzung der Grünen "noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen". Weil die Muslime aber nicht so lange warten könnten, müssten in den einzelnen Bereichen Übergangslösungen geschaffen werden, sagte Künast.
Dabei verwies sie auf die Einrichtung von vier Zentren für Islamische Studien an deutschen Hochschulen sowie die von der rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen ab dem Schuljahr 2012/13 geplante Einführung eines islamischen Religionsunterrichts. Dort wirkt ein aus Verbänden und Einzelmitgliedern besetzter Beirat bei der Erstellung des Unterrichtsvorgaben sowie der Lehrer- und Lernmittelauswahl von Lernmitteln und Lehrern mit. Beim christlichen Religionsunterricht sind die Kirchen Ansprechpartner für den Staat.
Kein Körperschaftsstatus
Anders als die beiden großen christlichen Kirchen und die im Zentralrat vertretenen jüdischen Gemeinden in Deutschland haben muslimische Verbände keinen Körperschaftsstatus. Die Beziehungen zwischen Muslimen und Staat sind auch nicht durch Staatsverträge geregelt, wie das bei katholischer und evangelischer Kirche sowie der jüdischen Gemeinschaft der Fall ist. Beck erklärte, die großen muslimischen Verbände orientierten sich nicht an Glaubensinhalten, sondern eher an sprachlichen und kulturellen Kriterien. Religionsgemeinschaften müssten aber auch fähig sein, Antworten aus der theologischen Perspektive zu geben.
In Deutschland gibt es vier große muslimische Verbände: die Türkisch islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), den Islamrat, den Verband der islamischen Kulturzentren und den Zentralrat der Muslime. Alle vier bilden gemeinsam auch den Koordinationsrat der Muslime. Die muslimische Glaubenszugehörigkeit wird bisher nicht amtlich erfasst. Nach Schätzungen des Bundesamtes für Migration leben in Deutschland bis zu vier Millionen Muslime.