Herr von Lojewski, heute feiern Sie Ihren 75. Geburtstag. Wie verbringen Sie den Tag?
Lojewski: In meinem Alter ist der Geburtstag kein Datum mehr, dem man entgegenfiebert. Voriges Jahr bin ich mit meiner Frau nach London abgehauen. Dieses Jahr werde ich mir Freunde einladen, und wenn das Wetter mitmacht, feiern wir alle zusammen im Garten an einem langen Tisch.
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Vor knapp zehn Jahren sind Sie in den Ruhestand gegangen. Haben Sie manchmal noch Heimweh nach dem Nachrichtenstudio?
Lojewski: Nein, eigentlich nicht. Ich habe nicht das Bedürfnis, ich müsste abends auf dem Fernsehschirm den Zustand der Welt erklären. Dass ich fürs ZDF aber zwischendurch die Sendung "Abenteuer Wissen" moderieren und für Reportagen lange Reisen machen durfte, fand ich sehr angenehm. Im Augenblick ist keine dieser großen Reisereportagen in Planung, aber vielleicht kommt ja mal wieder was. Das ist ja der Vorteil des Ruhestandes: Ich kann mir die Themen aussuchen, die mir Spaß machen.
Sie haben früher zunächst die "Tagesthemen" und später das "heute-journal" moderiert. Welche Nachrichten sehen Sie gerne?
Lojewski: "Tagesthemen" und "heute-journal" schaue ich gerne und regelmäßig, ansonsten sehe ich ehrlich gesagt zu viele Krimis. Dabei interessiert es mich letztlich doch gar nicht, wer der Mörder ist. Neulich liefen im ZDF drei Freitagskrimis am Stück, da hätte ich zu meiner Zeit herumgemäkelt, weil sich dadurch natürlich das "heute-journal" nach hinten verschiebt. Eigentlich ist es doch gerade das Gute an ARD und ZDF, dass man sich auf die regelmäßigen Nachrichten verlassen kann.
Wie haben sich die großen Nachrichten der Öffentlich-Rechtlichen in den vergangenen Jahren verändert?
Lojewski: Die großen Nachrichtensendungen von ARD und ZDF haben sich kaum verändert, die sind sehr gut. Aber auch da wird mindestens zweimal pro Sendung darauf hingewiesen, dass man unter heute.de oder tagesschau.de alles noch viel genauer erfahren kann. Da war ich einer der letzten Dinosaurier, die das hartnäckig verweigert haben, weil ich gesagt habe: Die Menschen schauen doch jetzt mir zu, was soll ich die ins Internet verscheuchen?
"Der Beruf wird durch das Internet und die Verknüpfung mit den sozialen Netzwerken schwieriger"
Heute sind Fernsehjournalismus und Internet schon fast untrennbar miteinander verzahnt ...
Lojewski: Ich glaube, dass der Beruf durch das Internet und die Verknüpfung mit den sozialen Netzwerken schwieriger wird. Was mir für die Zukunft ein klein wenig Sorge macht: Journalismus wird heute mehr und mehr eine Sache, bei der jeder mitmacht. Das ist im Prinzip gut, und die Technik ist nicht mehr zurückzudrehen. Aber die Schwärme im Internet können bei jedem Konflikt in Bruchteilen von Sekunden ihr Urteil fällen: Wer sind die Guten und wer die Bösen; mag ich, mag ich nicht... Wir Journalisten geraten da leicht in die Gefahr, nicht mehr nachzurecherchieren, sondern nur noch hinterherzulaufen.
Sehen Sie eigentlich auch die Nachrichten der Privaten?
Lojewski: Also wegen der Nachrichten schalte ich bestimmt keinen Privatsender an. Mein Lieblingsprivatsender ist Eurosport, denn da läuft Snooker, das ist eine Billardvariante - diese Leidenschaft habe ich mir in meiner Zeit als Korrespondent in London angewöhnt.
Haben Sie einen Snookertisch daheim?
Lojewski: Nein, der wäre zu groß. Aber im Studio London hatten wir einen, und als ich nach Washington kam und mir Fritz Pleitgen das Studio zeigte, gab es da einen Raum mit einem Poolbillardtisch. Pleitgen sagte zu mir, aus dem Zimmer könnte man vielleicht ein Archiv machen, aber ich ließ das natürlich so wie es war. Immer wenn der Tag abgesendet war, habe ich mit Kollegen dann noch eine Partie Billard gespielt.
"Zum ersten Mal spürten wir als Journalistenzunft unsere Macht"
Sie waren ja zweimal als Korrespondent in Washington, das erste Mal während der Watergate-Affäre. War das der Höhepunkt Ihrer Karriere?
Lojewski: Das war es garantiert. Zum ersten Mal spürten wir als Journalistenzunft unsere Macht, als durch hartnäckiges Recherchieren am Ende vorzeitig ein Präsident aus dem Amt gehen musste. Das waren damals natürlich vor allem die Kollegen Woodward und Bernstein von der "Washington Post", die den Skandal aufgedeckt haben, und ich hatte einen guten Draht zu Bob Woodward, das hat mir sehr geholfen. Das war eine sehr stolze Zeit.
Und später?
Lojewski: Highlight Nummer zwei war für mich meine Zeit in England. Ich habe Interviews mit Margaret Thatcher führen können, das war schon eine bemerkenswerte Frau. Sie war keine liebenswerte Person, eher der Typ Erzieherin – aber sie war auch sich selbst gegenüber streng. Die wusste alles, und die wusste vor allem alles besser. Dann ging ich wieder nach Washington, als Ronald Reagan Präsident war. Im persönlichen Umgang ein sympathischer Typ, den man gerne mal zum Abendessen eingeladen hätte und der permanent Witze erzählte. Leider waren sie allesamt alt, ich kannte jeden seiner Witze.
Ronald Reagan hat Ihnen Witze erzählt?
Lojewski: Ich hatte da ein lustiges Erlebnis, als ich für ein Interview im Weißen Haus war und vergeblich die Toilette suchte. Ich machte also eine Tür nach der anderen auf, und hinter einer saß Ronald Reagan, hatte die Füße auf den Tisch gelegt und freute sich riesig, dass er wieder einen zum Quatschen hatte. Bis ich zu ihm sagte: Die eigentliche Frage, die mich hierher bringt, ist, wo hier die Toilette ist. Da hat er mir gesagt, ich solle mitkommen, hat sie mir gezeigt, und wir haben uns herzlich verabschiedet.
Wie verbringen Sie nach so einem bewegten Journalistenleben im Ruhestand Ihre Tage?
Lojewski: Als ich noch arbeitete, dachte ich: Im Ruhestand steige ich, wann immer das Wetter grau ist, ins nächstbeste Flugzeug und fahre dahin, wo die Sonne scheint. Aber das tue ich zu wenig. Erstens bin ich zu träge und zweitens habe ich zu viele Termine, Vorträge und ähnliches. Letztendlich stecke ich doch wieder in einem Korsett. Wenn Sie so wollen bin ich als Ruheständler ein totaler Versager.