Die evangelische Kirche will das 500. Reformationsjubiläum mit Menschen jeder Glaubensrichtung feiern. "Die Reformation gehört allen", heißt es in einem am Montag bei der Synodentagung in Timmendorfer Strand diskutierten Entwurf für eine Erklärung des Parlaments des Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Synode will alle Menschen in Gesellschaft und Politik einladen, auf dem Weg zum Reformationsjubiläum 2017 "nach Wegen des Friedens und der Gerechtigkeit" zu suchenDas Kirchenparlament berät noch bis Mittwoch an der Ostsee. Das Schwerpunktthema lautet "Am Anfang war das Wort - Perspektiven für das Reformationsjubiläum 2017". Am Montagnachmittag besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Synode.
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1517 habe Martin Luther (1483-1546) mit der Veröffentlichung seiner 95 Thesen eine "gewaltige Befreiungsbewegung" angestoßen, heißt es in dem Entwurf für die Erklärung der Synode. Im Jubiläumsjahr 2017 werde zurückgeblickt auf "2.000 Jahre gemeinsame Geschichte des Christentums und auf 500 Jahre einer besonderen protestantischen Perspektive auf die Welt". Mit Blick auf die katholische Kirche unterstreicht der Text: "Uns eint mehr, als uns trennt. Christus als Herrn der Welt für das 21. Jahrhundert zu verkündigen, ist die gemeinsame Aufgabe der ganzen Christenheit."
Die Erklärung schließt ausdrücklich einen Blick auf die Schattenseiten der Reformation ein, wie der Hamburger Propst Horst Gorski bei der Einbringung des Textes unterstrich. "Wo in unserer Geschichte falsche Entscheidungen getroffen wurden oder Unheil angerichtet wurde, braucht es Demut und heilende Erinnerung", heißt es. Neben Zustimmung gab es in der Aussprache auch Kritik an dem Textvorschlag. "Lebendiger, kräftiger, schärfer" wünschte sich der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm den Entwurf. Er warb zugleich dafür, den Zusammenhang zwischen Frömmigkeit und Weltzugewandtheit stärker herauszuarbeiten: "Wir brauchen mehr Frömmigkeit und mehr politische Leidenschaft."
Heftige Kritik an Textentwurf
Landesbischof Ralf Meister aus Hannover sagte, der Text verlange nach einer anderen Sprache. Die Botschaft müsse provokanter, theologisch pointierter und rhetorisch gewandter ausfallen, um einen "Funkenschlag für das 21. Jahrhundert" zu erreichen. Der EKD-Ratvsorsitzende Nikolaus Schneider wies darauf hin, es sei Anspruch der Reformatoren gewesen, die gemeinsame Geschichte evangeliumsgemäß fortzusetzen.
Der ehemalige Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, Thomas Wipf, empfahl, nicht aus dem Blick konfessioneller Identität auf das Jubiläumsjahr zu schauen, sondern die Erkenntnisse der Reformation in den Blick zu nehmen, die die Kirchen gemeinsam anerkennen könnten. Neben der Rechtfertigung des Gottlosen aus dem Glauben gehörten dazu die Bibel in der Landessprache, die Idee der individuellen Freiheit und Verantwortung, politische Beteiligung sowie Glaubens- und Religionsfreiheit. "Alle Christen haben Grund zu feiern, weil wir alle von den Früchten der Reformation leben", folgerte der reformierte Theologe aus der Schweiz.
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In einem Grußwort tief der katholische Hamburger Erzbischof Werner Thissen dazu auf, in der Vorbereitung auf das Reformationsjubiläum nicht die Spaltung zu vertiefen, sondern das Miteinander zwischen den Konfessionen zu vermehren. "Je mehr wir als evangelische und katholische Ortskirchen zum Miteinander finden, desto mehr bauen wir an der einen Kirche Jesu Christ", sagte der Vertreter der katholischen Deutschen Bischofskonferenz.
In einer Bibelarbeit hatte die Botschafterin für das Reformationsjubiläum, Margot Käßmann, am Morgen das Bibelzitat "Am Anfang war das Wort" aus dem Johannes-Evangelium ausgelegt. Von Anfang an habe das Singen für die reformatorische Bewegung eine wichtige Rolle gespielt, sagte Käßmann, deren Bibelarbeit von Dieter Falk am Klavier begleitet wurde: "Die Lieder brachten die Botschaft in die Lande, die Reformation war auch eine Art Singebewegung."