Eine Anfang des Jahres veröffentlichte Studie über junge Muslime in Deutschland zeige, dass Religiosität nicht unbedingt ein Faktor für eine Radikalisierung darstelle, sagte sie auf einer Islamkonsultation der Evangelischen Akademie Hofgeismar am Samstag in Kassel. Muslimische Kinder müssten islamische Grundsätze lernen, damit sie nicht in die Hände von Radikalen fielen.
Die Grünen-Landtagsabgeordnete und integrationspolitische Sprecherin Mürvet Öztürk sagte, Jugendliche seien noch stärker gefährdet, radikalen Kräften zum Opfer zu fallen, weil es keinen islamischen Religionsunterricht gebe. Hier sei die Politik gefordert. Viele Muslime betrachteten Hessen inzwischen als ihre Heimat, ohne jedoch ihre eigene kulturelle Identität aufzugeben. "Der Islam gehört zu Deutschland wie auch das Christentum zu islamisch geprägten Ländern gehört", sagte Öztürk.
Wolfgang Frindte, einer der Verfasser der vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegebenen Studie, betonte, es sei ein positives Ergebnis, wenn sich 80 Prozent der jungen Muslime in Deutschland integriert fühlten. Allerdings habe sich das Buch "Deutschland schafft sich ab" von Thilo Sarrazin nachteilig ausgewirkt und den Dialog mit dem Islam beeinträchtigt. In vielen Köpfen sei leider noch nicht angekommen, dass Integration ein wechselseitiger Prozess sei, bedauerte Frindte auf der Konsultation mit dem Titel "Junge Muslime unterm Mikroskop".
Die Soziologin Ursula Boos-Nünning riet zu mehr Gelassenheit in der Integrationsdebatte. Wichtig sei, den Einwanderern Bildung und Berufschancen zu ermöglichen und fair miteinander umzugehen. Zudem sei der herrschende Eindruck, dass Muslime die größte Gruppe unter den Einwanderern seien, schlichtweg falsch. "Es wandern mehr Katholiken nach Deutschland ein als Muslime."