Herr Raacke, fürs große Publikum sind Sie der lässige "Tatort "-Kommissar aus Berlin, jetzt kann man Sie in einer Geschichte über Familie und Landleben sehen. Sind Sie selber eher ein Städter oder ein Landmensch?
Dominic Raacke: Eigentlich bin ich ein Stadtmensch – nur auf dem Land zu leben wäre nicht mein Ding. Aber ich liebe die Natur, und nicht zuletzt hat der Film mir das Land wieder schmackhaft gemacht. Die Dreharbeiten im vorigen Mai waren wunderschön, und seit ich da gedreht habe, besuche ich das bayerische Voralpenland regelmäßig. Vor allem jetzt in der schönen Jahreszeit gehe ich regelmäßig Bergwandern, meistens zusammen mit ein oder zwei Freunden.
Was gefällt Ihnen denn auf dem Land?
Raacke: Andere Geräusche, andere Luft, und man kann sich auch mal richtig gehen lassen, weil bei so einer Gelegenheit irgendwie alles wurscht ist. Ich lebe ja in München und bin wegen des "Tatorts" viel in Berlin, Stadtluft habe ich also genug. Deshalb bin ich ganz froh, wenn ich ab und zu mal ins Grüne komme.
Fanden die Dreharbeiten eigentlich auf einem echten Bauernhof statt?
Raacke: Das war ein toll gelegener echter Hof, der im Nebenerwerb bewirtschaftet wird. Der Bauer kam um 16 Uhr von der Arbeit und hat sich dann noch auf den Traktor gesetzt und alles gemacht. Mit Idylle hat das natürlich wenig zu tun, das ist ein ganz schön hartes Leben – "Das Leben ist ein Bauernhof", wie es im Titel so schön heißt. Aber für uns als Filmteam war das ein toller Set, und abends saßen wir alle oft zusammen vor dieser wunderschönen Kulisse, wir haben auch ein Abschlussfest gemacht und gegrillt. Es war toll, mal weg zu sein von der Stadt, mal enger zusammenzurücken, wir haben es uns gut gehen lassen in dieser ländlichen Idylle.
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Ist der Film für Sie denn auch eine Imagekorrektur, weg vom coolen Großstadtcowboy?
Raacke: Nein, es ist keine Imagekorrektur – aber als Schauspieler habe ich einfach das Bedürfnis, auch mal was anderes zu spielen. Natürlich achte ich darauf, dass ich nicht nur als "Tatort"-Kommissar gesehen werde.
Ich stehe zu dieser Rolle, aber mir ist es auch wichtig, als Schauspieler insgesamt wahrgenommen zu werden, und deshalb ist es wichtig, dass ich auch andere Sachen mache. Ich liebe ja Serien, und ich wünschte mir, in dieser Richtung noch mehr machen zu können.
Warum?
Raacke: Weil so das Fernsehen funktioniert: Als Ort, wo man als Zuschauer immer wieder reingeht und immer wieder Leute trifft, die man schon kennt. Einzelfilme sind in Ordnung, aber das Serielle finde ich viel spannender, weil man da ganz anders erzählen kann, viel langfristiger, epischer, breiter.
Aber das funktioniert doch fast nur bei den anspruchsvollen US-Serien, bei deutschen Produktionen eher selten.
Raacke: Die deutschen Fernsehredakteure haben leider große Bedenken, weil sie glauben, dass die Zuschauer bei diesem epischen Erzählen nicht mitkommen. Sie haben einfach Angst, selber solche Geschichten zu entwickeln.
Ich habe ja eine eigene Serie entwickelt, die ich gerne drehen würde, aber das sind noch ungelegte Eier, deshalb möchte ich nicht mehr dazu sagen.
Sie konnten in der Vergangenheit ja schon Erfolge als Drehbuchautor feiern, arbeiten derzeit an einer Fortsetzung der vielgelobten Krimireihe "Die Musterknaben". Sind Sie denn sehr mäkelig, wenn Sie es als Schauspieler mit den Drehbüchern von anderen Autoren zu tun bekommen?
Raacke: Ja, ich beklage mich immer (lacht). Es ist ganz selten, dass ich mal ein Drehbuch habe, wo ich sage: "Wow, toll, keine weiteren Fragen!" Aber das ist in dem Beruf auch ganz normal, für uns Schauspieler sind Drehbücher eben ein zentrales Thema, weil sie die Basis der Geschichte sind, die wir über viele Wochen erarbeiten und erzählen. Und deshalb blicke ich eben sehr kritisch auf das Buch und gehe sehr analytisch ran, und da fallen mir ganz oft erhebliche Mängel auf.
Und dann mischen Sie sich ein und versuchen, die Vorlage zu verbessern?
Raacke: Soweit man mir das gestattet, ja. Aber meistens habe ich schon ein Wörtchen mitzureden, denn wenn man eine der Hauptrollen spielt, ist dem Regisseur im Allgemeinen daran gelegen, das einfließen zu lassen, was man zu sagen hat. Am Ende bin ich aber auch nie hundertprozentig zufrieden, irgendwas gibt es immer, das nicht perfekt funktioniert hat.
Was sind das denn für Sachen, die Sie stören?
Raacke: Da geht es zum Beispiel um Figurenentwicklung. Ich wünsche mir immer Geschichten, wo Menschen sich nicht einfach wie von Geisterhand verwandeln, sondern wo man das nachvollziehen kann. Es ist ja verlockend, einfach eine Figur wie den Typ gestresster Businessmann zu nehmen, den in eine für ihn neue Situation zu bringen – und dann wird er Knall auf Fall zum guten Menschen. Aber das Leben ist nicht so, es macht nur kleine Kurskorrekturen und keine 180 Grad-Kehren, man ändert sich nicht über Nacht. An "Das Leben ist ein Bauernhof" fand ich schön, dass die Figur, die ich da spiele, am Ende nicht plötzlich ein völlig anderer Mensch ist.
Und was ist, wenn Ihnen mal ein "Tatort"-Drehbuch nicht so gut gefällt?
Raacke: Beim "Tatort" will und muss ich natürlich immer mitmachen, auch wenn ich mal einen Fall oder eine Geschichte gerade nicht so gut finde. Da kann ich nicht sagen: "Nee, ich mag jetzt nicht." Aber das ist auf seine Art natürlich auch eine Herausforderung, und wenn mir das nicht passen würde, müsste ich Schluss machen.