Stockholm (epd). Die Welt rüstet in zunehmendem Tempo auf. Angesichts von Krisen und Kriegen, etwa in der Ukraine, sind die Ausgaben für das Militär vergangenes Jahr laut Friedensforschern um knapp ein Zehntel gestiegen. Insgesamt investierten die Staaten 2.718 Milliarden US-Dollar (etwa 2.393 Milliarden Euro) in ihre Streitkräfte, wie das Sipri-Institut am Montag in Stockholm mitteilte. Damit seien die Militärausgaben das zehnte Jahr in Folge gestiegen und hätten 9,4 Prozent über dem Wert für 2023 gelegen.
Mindestens seit Ende des Kalten Krieges habe es nicht mehr einen so starken Anstieg innerhalb eines Jahres gegeben, teilten die Fachleute zur Veröffentlichung der Daten mit. Das Budget für das Militär sei in allen Weltregionen gewachsen, besonders aber in Europa und dem Nahen Osten. „Mehr als 100 Länder auf der ganzen Welt haben ihre Militärausgaben im Jahr 2024 gesteigert“, sagte Sipri-Forscher Xiao Liang.
Deutschland gehörte laut den Fachleuten vergangenes Jahr neben den USA, China, Russland und Indien zu den fünf Ländern mit den höchsten Investitionen ins Militär. Die Ausgaben der Bundesrepublik seien um 28 Prozent auf 88,5 Milliarden US-Dollar gestiegen. „Das erste Mal seit der Wiedervereinigung war Deutschland das Land mit den höchsten Militärausgaben in Westeuropa“, sagte Sipri-Forscher Lorenzo Scarazzato. Das sei auf das 100 Milliarden Euro umfassende Sondervermögen für die Bundeswehr zurückzuführen, das 2022 in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beschlossen worden war.
Der Ukraine-Krieg hat deutliche Folgen für die Militärausgaben in Europa insgesamt, wie die Sipri-Daten zeigen. Werden die Ausgaben Russlands berücksichtigt, stiegen die Investitionen in die Streitkräfte auf dem Kontinent demnach vergangenes Jahr um 17 Prozent auf 693 Milliarden US-Dollar. Bis auf Malta hätten alle europäischen Länder mehr Geld für militärische Zwecke ausgegeben, hieß es.
Das Land mit den am Abstand höchsten Militärausgaben bleiben jedoch die USA. So investierten die Vereinigten Staaten den Angaben zufolge 997 Milliarden Dollar in ihre Streitkräfte. Das entspreche etwa 37 Prozent der weltweiten Militärausgaben im Jahr 2024. Auf Platz zwei steht China mit Ausgaben in Höhe von schätzungsweise 314 Milliarden Dollar, gefolgt von Russland (schätzungsweise 149 Milliarden Dollar). Die Ukraine investierte laut Sipri 64,7 Milliarden Dollar in das Militär und damit deutlich weniger als Russland.
Im Nahen Osten haben 2024 vor allem Israel und der Libanon mehr Geld für das Militär ausgegeben. Vor dem Hintergrund des Krieges im Gaza-Streifen und des Konflikts mit der libanesischen Hisbollah seien die Militärinvestitionen Israels im Vergleich zum Vorjahr um 65 Prozent auf 46,5 Milliarden Dollar gestiegen. Im Libanon lagen die Ausgaben bei 635 Millionen Dollar, eine Zunahme um 58 Prozent im Vergleich zu 2023. Die großen Aufwüchse in der Region blieben jedoch auf diese beiden Länder beschränkt, sagte Sipri-Forscherin Zubaida Karim.
Das international renommierte Friedensforschungsinstitut Sipri wurde 1966 gegründet. Es erhält nach eigenen Angaben einen Teil seiner Finanzierung von der schwedischen Regierung, arbeitet aber unabhängig. Sitz ist in der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Um bei den Militärausgaben den Anstieg im Vergleich zum Vorjahr zu messen, wurden die Werte inflationsbereinigt. Berücksichtigt werden alle Ausgaben für die Streitkräfte, also etwa der Sold, Kosten für Einsätze, die Anschaffung von Waffen sowie Investitionen in Forschung und Entwicklung.