Was vom Pontifikat von Papst Franziskus bleibt

Papst Franziskus schüttelt die Hand eines jungen Christen und lacht.
Vatican Media/Divisione Produzio
Begegnung mit den Menschen in der Welt: Papst Franziskus (re.) im Sommer 2023 in Lissabon bei der Abschlussmesse des Weltjugendtages.
Zwölf Jahre an Spitze des Vatikans
Was vom Pontifikat von Papst Franziskus bleibt
Zwölf Jahre lang stand Papst Franziskus an der Spitze der katholischen Kirche. Er wollte eine Kirche der Armen, der Nahbarkeit und der Veränderung. Franziskus wollte den Wandel, der aber nicht immer möglich war. Eine Bilanz seines Wirkens.

Schon mit der Wahl seines Papstnamens stellte Jorge Mario Bergoglio 2013 klar, dass es ihm wie dem Heiligen Franz von Assisi vor allem um die benachteiligten Menschen geht. Am 13. März 2013 wurde der Argentinier zum Nachfolger von Papst Benedikt XVI. gewählt, der kurz zuvor zurückgetreten war. Von Beginn seines zwölfjährigen Pontifikats an galt Papst Franziskus als Reformer.

Vor allem die Strukturen und die Hierarchiehörigkeit innerhalb der römischen Kurie waren ihm ein Dorn im Auge. Beim Weihnachtsempfang 2014 legte er seinen Kardinälen einen "Katalog von Krankheiten" vor, darunter die Krankheit der "geistigen und geistlichen Versteinerung", der "Planungswut" und der "schlechten Koordination" - und die Krankheit, sich "unentbehrlich" zu fühlen.

Eine neue Fassung des Grundgesetzes des Heiligen Stuhls, der "Apostolische Konstitution", trat dann allerdings erst nach neun Jahren am Pfingsttag 2022 in Kraft. Der Tenor: Die Kurie soll stärker im Dienst des Papstes, aber zugleich auch stärker im Dienst der Ortskirchen stehen. Ein herausragendes Merkmal der Kurienreform war der Vorrang der Evangelisierung. Die bisherige Glaubenskongregation verlor ihren Primat, wurde eines unter 16 Ministerien; stattdessen entstand ein neues Dikasterium für Evangelisierung.

Papst Franziskus zu Beginn seiner ersten großen Auslandsreise 2013 bei der Fahrt vom Flughafen in Rio de Janeiro in die Stadt.

Die Nähe zu den Gläubigen war dem gebürtigen Argentinier immer besonders wichtig. Als "Papst zum Anfassen" nahm er sich bei Terminen oft Zeit für persönliche Begegnungen, schüttelte Hände, ließ sich umarmen und war vor allem für Kinder ein nahbarer Papst. Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt, nur einen Tag vor seinem Tod, fuhr er am Ostersonntag durch die Menge auf dem Petersplatz und segnete zahlreiche Kinder.

47 Auslandsreisen bis an die "Ränder der Welt"

47 Auslandsreisen hat Franziskus in seiner Amtszeit absolviert, viele an die "Ränder der Welt", wie er es selbst einmal nannte. Die mit insgesamt zwölf Reisetagen längste führte ihn im vergangenen Herbst nach Südostasien und Papua-Neuguinea.

Auch bei seinen Reformen hatte Papst Franziskus vor allem die Menschen im Blick, die bislang von der Aufmerksamkeit der katholischen Kirche ausgeschlossen waren. So hat er mit seiner Enzyklika "Amoris laetitia" über Ehe und Familie 2016 einen seiner vielen Meilensteine gelegt: Für geschiedene Personen, die wieder heiraten, wurde von da an die Teilnahme an der Kommunion möglich. Selbst wenn dies nur in einer Fußnote im achten Kapitel des Schreibens vermerkt ist - der Papst hatte gesprochen.

Segnung gleichgeschlechtlicher Paare

Ende 2023 räumte der Vatikan in der Erklärung "Fiducia Supplicans" die Möglichkeit ein, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen. Das Schreiben über die pastorale Bedeutung von Segnungen erregte weltweit Aufmerksamkeit und auch Protest. Vor allem die Kardinäle und Bischöfe auf dem afrikanischen Kontinent kritisierten diese Entscheidung.

Daneben nahm auch die Diskussion um die Stellung von Frauen in der katholischen Kirche im Pontifikat von Papst Franziskus viel Raum ein. Erst Anfang Januar schrieb Franziskus erneut Geschichte, als er mit der Ordensschwester Simona Brambilla zum ersten Mal einer Frau die Leitung einer Vatikanbehörde übertrug.

Frauen in Führungspositionen stieg im Vatikan

In den vergangenen zwölf Jahren ist im Vatikan der Anteil von Frauen in Führungspositionen deutlich gestiegen. Und auch außerhalb der Vatikanmauern setzte Franziskus in dieser Hinsicht Zeichen: 2016 öffnete er das Ritual der Fußwaschung an Gründonnerstag offiziell für Frauen. Seine Vorgänger hatten nur geweihten Priestern die Füße gewaschen.

Viele legten ihre Hoffnungen auf ein Diakonat für Frauen auf die von Franziskus einberufene Weltsynode, die im vergangenen Herbst zu Ende gegangen ist. Erstmals waren nicht nur Bischöfe, sondern auch Ordensvertreter und Laien bei einer Bischofssynode dabei und hatten sogar ein Stimmrecht, unter ihnen rund 50 Frauen. Doch die Frage des Zugangs zum diakonischen Dienst und somit zur Weihe wurde nicht geklärt.

Eine Kommission ist aktuell mit der Frage der Stellung der Frau in der katholischen Kirche beschäftigt und soll dem Papst - nun dem Nachfolger von Franziskus - bis Juni Ergebnisse vorlegen.

Kurz vor seinem Tod hat Franziskus noch einen letzten Pflock eingeschlagen, indem er die eigentlich beendete Weltsynode der katholischen Kirche überraschend in eine weitere Phase schickte. Dieser "ausführende" Teil der Synode soll demnach im Oktober 2028 mit einer "kirchlichen Versammlung" in Rom abgeschlossen werden. Eine solche Versammlung auf der Ebene der gesamten Kirche hat es in der Geschichte noch nicht gegeben.

Bedford-Strohm: Franziskus war auch ein "evangelischer Papst"

Papst Franziskus war nach Ansicht des evangelischen Theologen Heinrich Bedford-Strohm auch ein "evangelischer Papst". "Er war ein evangelischer Papst, indem er unermüdlich und immer wieder mutig das Evangelium in Wort und Tat gepredigt hat. Aber natürlich war er genauso ein katholischer Papst", schreibt der Vorsitzende des Weltkirchenrats in einem Gastbeitrag für die "Herder Korrespondenz" (Mai-Ausgabe).

Im Hinblick auf die Beteiligung von Frauen in den Leitungsebenen, die eucharistische Gastfreundschaft oder die hierarchische Verfasstheit der katholischen Kirche habe Franziskus nur zaghafte Reformen voranbringen können. Vor allem habe er aber stets die Universalität der Kirche als Horizont seines Wirkens ernst genommen - etwa durch die Ernennung von Kardinälen von den "Rändern der Erde". Damit habe er die Verhältnisse in der Kirche "umgedreht".

Das katholische Kirchenoberhaupt war am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben. Bedford-Strohm wird für den Ökumenischen Rat der Kirchen in Rom an der Trauerfeier für den verstorbenen Pontifex teilnehmen, wie er dem Evangelischen Pressedienst sagte.

Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland bezeichnete den Tod von Papst Franziskus in seinem Gastbeitrag als Zäsur, "nicht nur für die katholische Kirche, sondern für die ganze Kirche Jesu Christi weltweit". Sein Pontifikat habe nicht nur die Kirche verändert. "Es hat auch - so begrenzt die Wirkungen hier auch gewesen sein mögen - die Welt verändert", schrieb er. Die Kirche sei in der Person Franziskus wieder sichtbarer geworden als eine Institution, die ausstrahle, wovon sie spreche.