Hamm (epd). Um Gesundheitsschäden durch Alkoholkonsum in Deutschland zu verringern, fordert die Deutsche Hauptstelle Sucht (DHS) eine höhere Steuer auf alkoholische Getränke. Alkohol sei in keinem anderen europäischen Land so erschwinglich wie in Deutschland, erklärte die Deutsche Hauptstelle Sucht zur Veröffentlichung des „Jahrbuch Sucht 2025“ am Donnerstag in Hamm. Ein Gesundheitsexperte der Union kritisierte die vorgeschlagene Preiserhöhung als untaugliches Mittel.
Aus der Forschung wisse man, dass eine Preiserhöhung bei alkoholischen Getränken ein effektives Mittel sei, um den Konsum zu senken, sagte DHS-Geschäftsführerin Christina Rummel. Wenn die Verkaufspreise durch höhere Steuern um fünf Prozent steigen würden, entspreche das einem Preisanstieg bei einer Flasche Bier von einem Euro auf 1,05 Euro, erläuterte der Suchtforscher Jakob Manthey im DHS-Jahrbuch. Damit ließen sich zusätzliche 1,4 Milliarden Euro Steuereinnahmen generieren und der Pro-Kopf-Alkoholkonsum um 2,2 Prozent senken.
Suchtkranke würden sich von höheren Preisen kaum abhalten lassen, sagte hingegen der Gesundheitsexperte der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU) der „Rheinischen Post“ (Freitag). „Mit Preiserhöhungen könnte das Volumen günstiger Importe und illegaler Produktion zunehmen“, warnte er. Nötig seien hingegen „mehr Aufklärung über die drastischen Folgen des Konsums“ sowie „mehr lebensnahe Angebote zur Prävention“. Das sollte in Sportvereinen, Fahrschulen, Konzerten oder in Clubs geschehen.
Der registrierte Pro-Kopf-Alkoholkonsum in Deutschland ist nach Zahlen der DHS in den vergangenen Jahren gesunken. So konsumierten in Deutschland im Jahr 2023 Menschen ab 15 Jahren pro Jahr 10,2 Liter Reinalkohol. Im Vorjahr lag der Wert bei 10,6 Liter. Am häufigsten wurde Bier getrunken - pro Kopf 88 Liter im Jahr 2023. Wein schlug mit 19 Litern und Spirituosen mit rund 5 Litern pro Kopf zu Buche. Fast acht Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren hätten in einer gesundheitlich riskanten Form Alkohol konsumiert, bei neun Millionen liege ein problematischer Konsum vor.
Schätzungen zufolge hätten im Jahr 2024 fast ein Drittel der Bevölkerung (30,4) Zigaretten geraucht, erklärte die DHS. Der Anteil von Jugendlichen und Erwachsenen, die Tabakprodukte rauchen, habe seit Anfang der 2000er Jahre abgenommen. Einen Anstieg gebe es hingegen beim Konsum von E-Zigaretten, Tabakerhitzern oder Wasserpfeifen.
1,2 Prozent der Jugendlichen und 3,6 Prozent der Erwachsenen hätten zudem in den vergangenen zwölf Monaten vor der Befragung mindestens eine illegale Droge konsumiert. Bei Jugendlichen sei der Konsum von Amphetaminen, Ecstasy, Kokain, Crack oder neuen psychoaktiven Stoffen etwas weiter verbreitet als der Konsum anderer illegaler Drogen. Bei Erwachsenen würden neben Kokain, Crack und Amphetaminen auch neue psychoaktive Stoffe eine Rolle spielen, hieß es.
Vielerorts werde in Städten und Kommunen derzeit beobachtet, dass Crack und stark wirksame synthetische Opioide wie Fentanyl in den örtlichen Drogenszenen auftauchten, hieß es. Mit dem Konsum der Substanzen gingen erhebliche Gesundheitsgefahren einher, warnte die DHS. Hinzu komme oft eine rapide und dramatische Verschlechterung der sozialen Situation Betroffener.
Die Politik müsse handeln, sowohl bei illegalen Drogen als auch gerade bei Alkohol, Nikotin und Glücksspielen, mahnte DHS-Geschäftsführer Peter Raiser. Deutschland brauche „eine konstruktive, forschungsbasierte und zukunftsfähige Sucht- und Drogenpolitik“, um den aktuellen enormen Herausforderungen zu begegnen, mahnte auch der DHS-Vorstandsvorsitzende Norbert Scherbaum.