Berlin (epd). Bundestagspräsidentin Julia Klöckner wünscht sich von den Kirchen mehr Sinnstiftung und weniger Stellungnahmen zu tagesaktuellen Themen. Wenn Kirche nicht mehr die grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod im Blick habe, „dann wird sie leider auch austauschbar“, sagte die CDU-Politikerin der „Bild am Sonntag“: „Ich meine: Klar kann sich Kirche auch zu Tempo 130 äußern, aber dafür zahle ich jetzt nicht unbedingt Kirchensteuer.“
Es sei ein freies Land, „da kann man alles sicherlich tun und machen“, räumte Klöckner ein: „Aber ich glaube, von Kirche erwartet man sich diese sinnhafte Begleitung, diese Antwort auf Fragen, die ich in meinem Alltag habe, vielleicht auch Trost und Stabilität.“
Zur Frage, warum so viele Menschen aus den Kirchen austreten, sagte Klöckner: „Ich glaube, es hat mit mehreren Punkten etwas zu tun. Mit steigendem Wohlstand lässt häufig auch eine Kirchenbindung nach. Dann der zweite Punkt: Es gibt auch Ersatzreligionen.“ Eine weitere Erklärung sei sicherlich, dass Kirche nicht immer „die Antworten gibt, die die Menschen gerade brauchen“.
Klöckner: „Kirche ist auch nicht frei von Fehlern und Skandalen. Und wenn wir in die Corona-Zeit schauen - da hätte die Kirche vielleicht noch einen Tick mehr an Stabilität, mehr an Sinnstiftung und Seelenbegleitung geben können. Und ich glaube, an der einen oder anderen Stelle hat sie wirklich eine Chance verpasst.“
Für sie selbst spiele der christliche Glaube eine wichtige und haltgebende Rolle, so Klöckner. Sie glaube an die Wiederauferstehung: „Ich glaube daran, dass wir Menschen, unsere Seele, unsere Bestimmung über das hinausweist, was das Irdisch-Vergängliche ist, das, was uns weiterträgt. Wie das genau aussehen wird, das weiß ich nicht.“