Die Handlung des Films trägt sich ausschließlich in Chemnitz zu. Sie beginnt mit dem Tod einer Musikschullehrerin: Marianne Bach (Corinna Kirchhoff) hat einen unerwarteten Besuch nicht überlebt. Den wichtigeren Teil der Erzählung hat Thomas Kirchner jedoch in Karl-Marx-Stadt angesiedelt, wie Chemnitz bis 1990 hieß. Dort ist vor langer Zeit eine Saat gesät worden, die nun, fast vierzig Jahre später, tödliche Früchte trägt.
"Die letzte Note" ist die erste Arbeit des Grimme-Preisträgers ("Der Turm", 2013) für die Reihe. Kirchner ist unter anderem Schöpfer der 2006 gestarteten "Spreewaldkrimis" (ebenfalls ZDF); seine dreizehn Drehbücher zeichneten sich durch eine zumeist kongenial umgesetzte Verschachtelung der zeitlichen Erzählebenen aus. Eine entsprechende Raffinesse lässt Tim Tragesers Inszenierung jedoch vermissen.
Der Film beginnt zwar mit einer cleveren Montagesequenz, die die wichtigsten Beteiligten musikalisch einführt, einige sinnvoll eingesetzte Drohnenbilder sorgen außerdem für interessante Perspektiven, aber davon abgesehen entspricht die handwerkliche Ebene einem guten Fernsehfilmniveau. Der Komposition von Andreas Weidinger würde diese Einschätzung hingegen nicht gerecht werden; besonders gelungen ist die Integrierung von Robert Schumanns "Kinderszenen" in die Filmmusik.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Neben dem ungewohnten Schauplatz gibt es einen weiteren Unterschied zu den Rahmenbedingungen der Reihe: Robert Winkler (Kai Scheve) muss diesmal ohne seine Kollegin Szabo auskommen, doch da ist ja noch Försterin Saskia (Teresa Weißbach). Die Hobbykriminalistin bietet sich gern als "Sparringspartnerin" für den gemeinsamen Gedankenaustausch an. Dass ihr Freund nach wie vor nicht nur strikt zwischen Arbeit und Liebe trennt, sondern auch ein Beziehungsbekenntnis schuldig bleibt, macht ihr allerdings mindestens ebenso sehr zu schaffen wie die Folgen jener beherzten Tat, mit der sie dem Polizisten in der letzten Episode ("Wintermord") das Leben gerettet hat.
Mit Hilfe eines kleinen Tricks sorgt Kirchner dafür, dass die Försterin ausnahmsweise ihr Revier verlässt: Die Musikschule plant anlässlich der Ernennung von Chemnitz zur Kulturhauptstadt Europas eine orchestrierte Aufführung der "Kinderszenen" mit jugendlichen und erwachsenen Mitwirkenden. Saskia ist als Hornistin dabei, Rechtsmedizinerin Kulikova (Masha Tokareva) als Cellistin. Ausgerechnet sie gerät jedoch auf die Liste der Mordverdächtigen, nachdem sie Opfer einer Intrige geworden ist: Eine junge Ukrainerin hat dafür gesorgt, dass die gebürtige Russin das Orchester verlassen muss, deshalb kam es zum Streit mit Marianne Bach.
Zur Zeit des von Kulikova selbst ermittelten Todes hatte sie jedoch Sex mit dem Dirigenten, Florian Messerschmidt (Alexander Beyer). Sollte die Rechtsmedizinerin einen falschen Todespunkt angegeben haben, stünden beide ganz oben auf der Liste. Die Gegenwarthandlung entspricht weitgehend den üblichen Krimigegebenheiten. Ihren Reiz verdankt die Geschichte den Rückblenden, die Kirchner und Trageser immer wieder einstreuen: Geigerin Marianne hat bereits in jungen Jahren an der von ihrer Mutter gegründeten Musikschule Talente gefördert und Mitte der Achtzigerjahre in ihrem "Musikkabinett" eine Gruppe Gleichgesinnter um sich geschart.
Die jungen Leute feierten nicht nur wilde Partys: In einer Szene liest jemand aus "1984" vor; George Orwells dystopischer Klassiker über den perfekten Überwachungsstaat war in der DDR aus naheliegenden Gründen ("staatsfeindliche Hetze") verboten. Zur Musikschulklasse gehörte auch der damals von Marianne als ihr "Rohdiamant" gepriesene minderjährige Florian; die beiden verband allerdings mehr als bloß die Leidenschaft für die Musik.
Als die Lehrerin anonym denunziert wurde, war dies auch das Ende der Gruppe; bei Politik, wird sie von einem Funktionär belehrt, hört der Spaß auf.
Kirchner erzählt einige solcher kleinen Begebenheiten, die auf ihre Weise allesamt mit dem Todesfall zu tun haben. Eine weitere Ebene variiert die Geschichte von Romeo und Julia: Faris, ein jungen Syrer, erster Geiger im Orchester und Mariannes aktueller "Rohdiamant", ist schwer in die Jüdin Rahel verliebt, was die jeweiligen Elternpaare um keinen Preis erfahren dürfen. Am Ende findet sich die Lösung jedoch wenig überraschend in einer der "alten DDR-Kamellen"; und ausgerechnet Saskia liefert den entscheidenden Hinweis zur Lösung.