Tunis (epd). Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ (HRW) wirft der tunesischen Regierung die willkürliche Inhaftierung von Oppositionellen vor. Damit sollten Kritiker zum Schweigen gebracht werden, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der Organisation. Seitdem Präsident Kais Saied im Juli 2021 die Macht an sich gerissen habe, hätten solche Fälle signifikant zugenommen.
HRW forderte die sofortige Freilassung der Betroffenen. Internationale Partner sollten außerdem mehr Druck auf die Regierung des nordafrikanischen Landes ausüben, hieß es.
Willkürliche Inhaftierungen seien „ein Eckpfeiler der Repression“ des Regimes, um die Menschen ihrer Rechte zu berauben, heißt es in dem Bericht. Mehr als 50 Personen seien Stand Januar 2025 aus politischen Gründen oder wegen der Ausübung ihrer Rechte inhaftiert. Unter den Betroffenen seien neben Oppositionspolitikern auch Anwälte, Aktivisten, Medienschaffende und Nutzer sozialer Netzwerke. Mindestens 14 von ihnen drohe die Todesstrafe.
„Seit der Revolution von 2011 haben die tunesischen Behörden keine solche Repression ausgeübt“, erklärte der stellvertretende HRW-Direktor für den Nahen Osten und Nordafrika, Bassam Khawaja. Die Regierung von Präsident Saied habe die Menschen in Tunesien „ihrer hart erkämpften bürgerlichen Freiheiten beraubt“.
In Tunesien regiert Staatschef Saied seit seiner Wahl zum Präsidenten im Jahr 2019 zunehmend mit harter Hand. Die Opposition, zivilgesellschaftliche Organisationen und Medienschaffende stehen unter Druck. Derzeit laufen mehrere Prozesse gegen Regimekritiker. Im größten Verfahren, das seit Anfang März läuft, wird 40 Personen vorgeworfen, den Sturz von Staatschef Saied geplant zu haben. Sechs inhaftierte Angeklagte befinden sich seit mehr als einer Woche in einem Hungerstreik. Ihre Anwälte kritisieren, dass das Verfahren politisch motiviert sei und das Recht der Angeklagten auf einen fairen Prozess missachtet werde.