Düsseldorf (epd). Vor allem junge Menschen geraten nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes NRW zunehmend in den Fokus von Extremisten. Sie würden vor allem über die sozialen Medien mobilisiert, erklärte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Mittwoch in Düsseldorf. Laut dem Verfassungsschutzbericht sind die politisch motivierten Straftaten im Jahr 2024 erneut angestiegen.
Insgesamt sei der Extremismus jünger und digitaler geworden, sagte Reul. Extremisten erreichten im Netz enorme Reichweiten. Die Konflikte der Welt spielten sich nicht nur auf anderen Kontinenten ab, sondern würden immer auch in Nordrhein-Westfalen stattfinden: „Das Internet ebnet ihnen den Weg“, erklärte Reul. Deshalb sei es umso wichtiger, den Nachwuchs medienkompetent zu machen.
Die Zahl der politisch motivierten Straftaten in Nordrhein-Westfalen stieg laut Verfassungsschutzbericht im vergangenen Jahr gegenüber 2023 um 42 Prozent auf 10.772. Ein Viertel davon geschah über das Internet. Bei einem Fünftel der gesamten Straftaten handelte es sich um Hasskriminalität.
Die größte Bedrohung geht dem Bericht zufolge weiter vom Rechtsextremismus aus. Hier registrierten die Verfassungsschützer 2024 insgesamt rund 5.420 Straftaten. Das ist ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um knapp 54 Prozent. Bei rund drei Vierteln der Fälle handelte es sich um Propagandadelikte. Die Verjüngung und Modernisierung der rechtsextremistischen Szene zeige sich dabei in „weniger Glatze und Springerstiefel, dafür Sneaker und Active Clubs“, sagte Reul. Es sei aber dennoch „nur alte Ideologie in neuem Gewand“.
Die „größte Gefahr für Leib und Leben“ kommt dem Minister zufolge vom islamistischen Extremismus. Auch hier spielten das Internet und die sozialen Medien eine immer wichtigere Rolle und würden zum „Hochleistungsmotor für Radikalisierung“. Hass-Prediger hätten ihre Online-Propaganda auf TikTok, Instagram und Telegram weiter perfektioniert. Mit dem Messeranschlag von Solingen im vergangenen August, bei dem drei Menschen getötet und acht verletzt wurden, habe der Islamismus „sein hässliches Gesicht“ gezeigt.
Einen Zehnjahres-Höchststand registrierten die Verfassungsschützer bei antisemitischen Straftaten. Hier wurden im Vorjahr 695 Delikte erfasst, überwiegend waren dies Volksverhetzungen und Sachbeschädigungen. Das waren 148 Fälle und damit 27 Prozent mehr als 2023. Besonders durch die Eskalation des Nahost-Konflikts habe der Hass auf Jüdinnen und Juden in der Gesellschaft weiter zugenommen, erläuterte Reul.
Annähernd gleich blieb mit rund 1.200 die Zahl linksextremistischer Straftaten, unter denen 86 Gewaltdelikte waren. Hier spielten laut Bericht überwiegend Brandstiftungen bei Unternehmen eine Rolle. So gab es beispielsweise einen Brandanschlag auf einen Kabelschacht der Bahn.