Nairobi, Khartum (epd). Die Verbrechen im Sudan-Krieg werden laut Human Rights Watch durch die jahrzehntelange Straflosigkeit in dem Land angefeuert. Die Konfliktparteien hielten die Bevölkerung erneut in einem von Straffreiheit geprägten Kreislauf der Gewalt gefangen, der zu schrecklichen Gräueltaten und zur schlimmsten humanitären Krise der Welt geführt habe, teilte die Menschenrechtsorganisation am Montag mit. Zwar habe der Internationale Strafgerichtshof den Völkermord in den 2000er Jahren in Darfur untersucht. Doch sei auch 20 Jahre seit Beginn der Ermittlungen lediglich einem Milizen-Anführer der Prozess gemacht worden.
Auch das aktuelle Mandat des Strafgerichtshofs beschränke sich auf die westsudanesische Region Darfur, kritisierte Human Rights Watch. Es gebe also keine unabhängige Instanz, die schwere Verbrechen im Rest des Landes untersuche und juristisch verfolge. Das Mandat müsse dringend ausgeweitet werden, und Regierungen weltweit sowie die Afrikanische Union und die EU sollten die Arbeit des Strafgerichtshofs unterstützen. Es gebe dringenden Handlungsbedarf, damit die Opfer des aktuellen Krieges nicht auch 20 Jahre auf Gerechtigkeit warten müssten.
Das erste Verfahren gegen einen der Anführer der damaligen arabischen Dschandschawid-Milizen, aus denen die heutige paramilitärische RSF-Miliz entstanden ist, ist im Dezember zu Ende gegangen. Das Urteil steht noch aus. Ali Muhammad Ali Abd-Al-Rahman werden Mord, Vergewaltigung, Folter, Plünderung und Angriffe auf die Zivilbevölkerung Anfang der 2000er Jahre in Darfur vorgeworfen.
Damals schlugen die mit Diktator Omar al-Baschir verbündeten Dschandschawid-Kämpfer Proteste der schwarzen Bevölkerung in Darfur gegen Diskriminierung brutal nieder, zwischen 2003 und 2008 wurden Schätzungen zufolge 300.000 Menschen getötet. Al-Baschir sowie zwei weitere mit internationalem Haftbefehl gesuchte mutmaßliche Kriegsverbrecher sind bislang von den sudanesischen Behörden nicht an den Strafgerichtshof überstellt worden.
Derzeit bekämpfen sich die „Rapid Support Forces“ (RSF) und die Armee in einem vor zwei Jahren eskalierten Machtkampf. Beiden werden gravierende Verbrechen vorgeworfen, inklusive der Verhinderung von humanitärer Hilfe. Zehntausende Zivilisten sind seither gestorben, mehr als zwölf Millionen sind auf der Flucht und fast 25 Millionen leiden nach UN-Angaben unter akutem Hunger - das ist etwa die Hälfte der Bevölkerung.