Dortmund (epd). Knapp anderthalb Jahre nach dem Rücktritt von Annette Kurschus hat die Evangelische Kirche von Westfalen das Präses-Amt neu besetzt: Die 58 Jahre alte Theologin Adelheid Ruck-Schröder steht künftig an der Spitze der viertgrößten deutschen Landeskirche. Nach ihrer Wahl am Samstag in Dortmund kündigte die bisherige Hildesheimer Regionalbischöfin an, nötige Einsparungen und Reformen voranzutreiben. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sowie die rheinische und die hannoversche Landeskirche gratulierten Ruck-Schröder zu ihrer Wahl.
Die bisherige Logik einer Versorgungskirche sei an ihre Grenze gekommen, „wir müssen mehr exemplarisch unterwegs sein“, sagte Ruck-Schröder zur Zukunft der Kirche, nachdem sie von der westfälischen Landessynode mit 136 von 141 Stimmen gewählt wurde. Auch das Präses-Amt müsse reformiert werden. Sie habe Respekt vor der neuen Aufgabe, spüre aber keinen Druck durch die hohen Erwartungen nach der langen Vakanz im Präses-Amt.
Mit Blick auf die Finanz- und Mitgliederkrise der Kirche sprach Ruck-Schröder von einer Chance, alle Strukturen auf den Prüfstand zu stellen. Dies setze auch Energie frei. In erster Linie gehe es nicht um die Strukturen, sondern um einen Geist des Wandels. Sie selbst stehe für eine einladende und offene Kirche, die junge Leute und Familien im Blick habe und über ihr Milieu hinausdenke, erklärte Ruck-Schröder, die das Präses-Amt am 15. Juni offiziell übernehmen soll.
Zu den ersten Gratulantinnen gehörte die frühere Präses Kurschus, die im November 2023 wegen mangelnder Transparenz im Umgang mit einem mutmaßlichen Missbrauchsfall in ihrem früheren Umfeld als EKD-Ratsvorsitzende und als westfälische Präses zurückgetreten war. Seither war das Präses-Amt vakant. Eine für den vergangenen November geplante Neuwahl wurde verschoben, nachdem der einzige Bewerber, der Herforder Pfarrer Michael Krause, seine Kandidatur zurückgezogen hatte. Ruck-Schröder sagte, sie habe großen Respekt vor dem Rücktritt ihrer Amtsvorgängerin.
Die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs nannte in ihrer Gratulation die „Tatkraft, neue Wege zu gehen, eine bedeutende Stärke“ von Ruck-Schröder. Der rheinische Präses Thorsten Latzel hob hervor, dass die rheinische und die westfälische Kirche in vielerlei Hinsicht eng verbunden seien. „Wir arbeiten in zahlreichen Prozessen in sehr vertrauter Weise gemeinsam an der Zukunft unserer Kirche“, erklärte er. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister schrieb, er schätze die künftige westfälische Präses als eine kluge und erfahrene Theologin, die empathisch und mit Weitblick Veränderungsprozesse moderiere und gestalte.
Ruck-Schröder wuchs in Baden-Württemberg auf. Nach dem Theologie-Studium in Tübingen und Berlin, wo sie promoviert wurde, sammelte sie erste Erfahrungen als Pfarrerin in Havixbeck bei Münster, anschließend war sie als Berufsschulpfarrerin im Saarland tätig. Später wechselte sie nach Niedersachsen in eine Göttinger Gemeinde. Bevor sie 2021 Regionalbischöfin im Sprengel Hildesheim-Göttingen wurde, leitete sie sechs Jahre lang das Predigerseminar im Kloster Loccum. Ruck-Schröder ist verheiratet mit dem in Göttingen lehrenden Theologieprofessor Bernd Schröder und Mutter von zwei erwachsenen Kindern.
Die Evangelische Kirche von Westfalen ist mit rund 1,9 Millionen Mitgliedern die viertgrößte der 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland. Die Landessynode ist das oberste Beratungs- und Entscheidungsorgan, sie wählt auch den oder die Präses.