Hamm (epd). In dem Klima-Prozess vor dem Oberlandesgericht Hamm hat ein erster Gutachter eine Haftung des RWE-Konzerns für Klimawandel-Gefahren skeptisch beurteilt. Die Klimaerwärmung habe bisher die Gefährdung für das Dorf des peruanischen Kleinbauern nicht erhöht, sagte der Geotechnik-Experte Rolf Katzenbach von der TU Darmstadt am Montag vor dem Oberlandesgericht Hamm. (Az. 5 U 15/17)
Der peruanischer Kleinbauer Saúl Luciano Lliuya wirft dem Unternehmen RWE wegen des Betriebs von Kohlekraftwerken vor, für den Klimawandel mitverantwortlich zu sein. Er will erreichen, dass RWE sich an den Kosten für Schutzmaßnahmen vor der Erderwärmung in seiner Heimat beteiligt.
Katzenbach erklärte, dass das Abschmelzen des Gletschers nicht zu Felsabbrüchen geführt habe. So sei es auch bei den drei Erdbeben seit 1970 nicht zu einem Überlaufen der Lagune gekommen. Zudem sei der Anteil des Unternehmens RWE an der globalen CO2-Emission in den vergangenen Jahren gesunken.
Die Anwältin des Klägers, Roda Verheyen, kritisierte die Aussagen des Gutachters. Dazu werde es am weiteren Verhandlungstag, am Mittwoch, viele kritische Rückfragen geben, kündigte sie an. Die Klage wird von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch und der Stiftung Zukunftsfähigkeit unterstützt.
Bei den am Montag diskutierten Gutachten ging es um die Frage, inwieweit der Kläger und seine Familie von einer möglichen Flutwelle aufgrund des stark angewachsenen Gletschersees Palcacocha bedroht sind. Das Gericht muss im Anschluss entscheiden, ob das Risiko rechtlich ausreicht, um RWE anteilig haftbar zu machen.
Wenn die Klage Erfolg habe, werde dies weitere Klagen zum Thema Klimawandel stärken, hatten der peruanische Kleinbauer Lliuya und seine Anwältin in Hamm vor der Verhandlung erklärt.
Der Fall habe über Deutschland hinaus eine große Bedeutung, sagte auch Jan-Erik Schirmer von der Juristischen Fakultät der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder am Montag dem Radiosender WDR5. Bei einem Erfolg der Klage müssten sich Konzerne mit einem fossilen Geschäftsmodell fragen, ob dieses Geschäftsmodell noch eine Zukunft habe.
Das Verfahren vor dem Oberlandesgericht hat international für Aufmerksamkeit gesorgt. Das Gericht hatte 2017 entschieden, dass es einen zivilrechtlichen Anspruch zum Schutz von durch die Klimakrise Betroffenen gegen einen großen Emittenten wie den Energiekonzern RWE grundsätzlich für schlüssig hält. Damit wurde der Eintritt in die aktuell laufende Beweisaufnahme beschlossen. Am Mittwoch soll das Verfahren fortgesetzt werden.