Gütersloh (epd). Die Jobcenter geben laut einer Analyse der Bertelsmann Stiftung immer mehr Geld für das Verwalten und deutlich weniger für die Förderung und Vermittlung arbeitsloser Menschen aus. In den vergangenen zehn Jahren stiegen die Kosten für die Verwaltung um 39 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro, während die Mittel zur Förderung von Leistungsbezieherinnen und -beziehern bei rund 3,8 Milliarden Euro verharren, wie die Gütersloher Stiftung am Montag erklärte. Die Jobcenter arbeiteten seit Einführung des Bürgergeldes zudem wenig effizient. So sei die Zahl erfolgreicher Integrationen in den Arbeitsmarkt seit 2023 um rund sechs Prozent zurückgegangen, hieß es.
Von den rund 5,4 Millionen Menschen in Deutschland, die derzeit Bürgergeld beziehen, sind 1,9 Millionen als erwerbslos gemeldet. Für ihre Vermittlung stehen den Jobcentern demnach jährlich vier Milliarden Euro vom Gesamtbudget (2024: rund 10,7 Milliarden Euro) zur Verfügung. Doch laut Studie schichten die Arbeitsagenturen einen Teil der Mittel um, um gestiegene Verwaltungskosten, insbesondere durch hohe Tarifabschlüsse, aufzufangen. Das Soll bei den geplanten Eingliederungsleistungen werde so um rund eine Milliarde Euro unterschritten, das Verwaltungsbudget werde jedes Jahr überschritten.
Roman Wink, Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann Stiftung, forderte strikte Vorgaben für die Jobcenter bei der geplanten Reform des Bürgergeldes. Bisher bleibe es ihnen überlassen, wie sie die zugewiesenen Mittel zwischen Verwaltung und Arbeitsförderung aufteilen. „Eine wirkungsorientierte Steuerung oder auch nur Transparenz über den Zusammenhang zwischen Mittelausstattung und dem Erfolg der Jobcenter gibt es nicht“, kritisierte er.
Die drei Autoren des Papiers „Bürgergeld: Anspruch, Realität, Zukunft“ plädieren zudem dafür, bei der Vermittlung von Arbeitslosen mehr auf individuelle Unterstützung zu setzen, zum Beispiel durch Coachings. So hätten rund 1,2 Millionen der arbeitslosen Bürgergeldempfänger keinen Berufsabschluss. Auch Sofort-Aktivierungsmaßnahmen wie Angebote für geförderte Arbeit in Voll- oder Teilzeit oder berufliche Qualifizierungen seien ein Ansatz, damit Arbeitslosigkeit sich nicht „verhärtet“.
Nur zwölf Prozent der gemeldeten Erwerbslosen sind den Angaben zufolge ohne sogenannte Vermittlungshemmnisse. Allein wenn es gelänge, durch mehr Effizienz der Jobcenter diese 230.000 Menschen in Vollzeit-Beschäftigung zu bringen, könnten jährlich etwa 3,5 Milliarden Euro an Transferzahlungen eingespart und zusätzlich 1,3 Milliarden Euro in der Sozialversicherung sowie 350 Millionen Euro an Einkommensteuer eingenommen werden, hieß es.