Köln (epd). Arbeitnehmer in Vollzeit fühlen sich einer Untersuchung des Instituts für Wirtschaft (IW) in Köln zufolge nicht erschöpfter als Teilzeit-Beschäftigte. Oftmals seien es sogar die Teilzeit-Beschäftigten, die sich erschöpfter fühlen, erklärte das IW am Montag in Köln zur Veröffentlichung der Untersuchung auf Grundlage von Befragungen aus dem Jahr 2021. Die Quote der körperlich erschöpften Beschäftigten mit einem Arbeitsumfang von weniger als 35 Wochenstunden lag demnach bei 41,9 Prozent. Bei den Vollzeit-Beschäftigten bis 40 Stunden lag der Anteil mit 37,7 Prozent etwas niedriger.
Ein ähnliches Bild zeigt sich laut IW-Analyse im Bereich der emotionalen Erschöpfung: 33,5 Prozent der Teilzeitbeschäftigten bestätigten emotionale Erschöpfung. Bei Vielarbeitern mit bis zu 48 Wochenstunden fiel die Quote mit 33 Prozent fast gleich aus. Bei den Vollzeitbeschäftigten mit einer Normalarbeitszeit bis zu 40 Wochenstunden gaben 29,3 Prozent an, emotional erschöpft zu sein.
Der Befund, dass sich Arbeitnehmer in Vollzeit weder körperlich noch emotional erschöpfter als Teilzeitkräfte fühlten und auch ihre Arbeit nicht schlechter bewerteten, widerspreche dem Argument der Viertagewoche-Befürworter, lautet ein Fazit die IW-Forscher. Sie regten zudem eine gesamtgesellschaftliche Betrachtung an: Dass oftmals Teilzeitkräfte häufiger erschöpft seien als Beschäftigte mit normaler Vollzeit, dürfte unter anderem mit dem Haushaltskontext zusammenhängen. Frauen arbeiteten häufig in Teilzeit, um unentgeltliche Sorgearbeit zu leisten. Die erlebten Erschöpfungszustände im Arbeitskontext seien damit vermutlich zum Teil auch Ausdruck der zusätzlichen Belastung abseits der Erwerbsarbeit.
Erschöpfungszustände treten besonders bei den rund zwölf Prozent der Beschäftigten mit überlangen Arbeitszeiten von mehr als 48 Wochenstunden häufig auf, wie die IW-Forscher unterstrichen. Viele von ihnen nähmen diese Belastung bewusst in Kauf. Jeder dritte Beschäftigte mit überlangen Arbeitszeiten mache die Überstunden hauptsächlich aus persönlichen Gründen, etwa aus Freude an der Arbeit oder aufgrund von Karriereambitionen.
Die Grundlage für die Untersuchung bilden nach IW-Angaben Daten der Arbeitszeitbefragungen aus den Jahren 2021 und 2015 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Baua). Die Arbeitszeitbefragung wird demnach seit 2015 alle zwei Jahre erhoben und umfasst Personen ab 15 Jahren, die mindestens zehn Wochenstunden arbeiten. 2021 wurden demnach über 20.000 Menschen befragt; die IW-Untersuchung konzentriert sich auf 17.761 Beschäftigte zwischen 15 und 65 Jahren.