Düsseldorf (epd). Bei karriereorientierten Weiterbildungen kommen weibliche Beschäftigte laut einer Auswertung der Hans-Böckler-Stiftung seltener zum Zuge als Männer. Frauen absolvieren häufiger kürzere Weiterbildungsmaßnahmen, die weniger karrierefördernd sind, wie ein am Dienstag veröffentlichter Report der gewerkschaftsnahen Stiftung ergibt. Sie erhielten dabei seltener finanzielle und zeitliche Unterstützung durch das Unternehmen und seien damit bei der Weiterbildung benachteiligt. Die Stiftung spricht dabei von einem „Gender Training Gap“. Zunächst hatte die „Rheinische Post“ über den Report berichtet.
Laut der Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Stiftung nehmen Frauen mit 47 Prozent häufiger an kürzeren, nur wenige Stunden dauernden Weiterbildungen teil als Männer mit 39 Prozent. Bei längeren, mehrtägigen Weiterbildungen liege die Quote der Männer mit 29 Prozent deutlich über der der Frauen mit knapp 21 Prozent. Diese Tendenz verschärfe sich bei Frauen mit kürzeren Arbeitszeiten, hieß es.
Kurze Fortbildungen würden vor allem dazu dienen, neue Arbeitsmethoden einzuführen oder vorhandenes Wissen aufzufrischen, „ohne jedoch die Karriere maßgeblich voranzubringen“, heißt es in dem Report.
Männer erhalten der Auswertung zufolge mit 82 Prozent etwas häufiger finanzielle Unterstützung für Weiterbildungen als Frauen mit 77 Prozent. Zudem würden sie häufiger für betrieblichen Weiterbildung freigestellt oder bekämen eine Weiterbildung während der Arbeitszeit zugestanden. Eine solche Unterstützung erhielten Männer mit 92 Prozent etwas häufiger als Frauen mit 87 Prozent.
Weibliche Beschäftigte werden laut WSI auch seltener bei betrieblichen Weiterbildungen von ihrem Unternehmen unterstützt: Während 20 Prozent der Männer angaben, von ihren Vorgesetzten zu Weiterbildungsmaßnahmen ermutigt worden zu sein, waren es bei den Frauen 15 Prozent. Frauen mit Kindern würden am seltensten von ihren Vorgesetzten für eine Weiterbildung vorgeschlagen (13 Prozent). Frauen nähmen dagegen mit 29 Prozent häufiger aus Eigeninitiative an betrieblichen Weiterbildungen teil als Männer (24 Prozent). Bei Müttern liege die Quote mit 33 Prozent besonders hoch.
Für Mütter mit Job ist die Lage laut WSI-Report insgesamt schwierig. Sie seien der Doppelbelastung von Beruf und Familie stärker ausgesetzt als Väter. Wegen familiärer Verpflichtungen verzichteten 39 Prozent von ihnen auf Weiterbildung. Unter Vätern seien es 22 Prozent.
Insgesamt nehmen Frauen laut den Berechnungen mit knapp 62 Prozent etwas häufiger an Weiterbildungen teil als Männer mit 59 Prozent. Das liegt laut dem Report allerdings auch am Beschäftigungsfeld. Denn in Bereichen mit überwiegend weiblichen Beschäftigten wie dem Gesundheits- und Sozialwesen seien Weiterbildung häufiger gesetzlich vorgeschrieben als in männerdominierten Bereichen etwa in der Industrie, schreiben die WSI-Wissenschaftlerinnen Yvonne Lott, Magdalena Polloczek und Eileen Peters.
Der WSI-Report basiert den Angaben zufolge aus Daten des Adult Education Survey (AES) für Deutschland, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beauftragt wurde. Das WSI wertete die Daten von 5.865 Befragten zwischen 18 bis 69 Jahren aus, die in den zwölf Monaten vor der Befragung erwerbstätig waren.