Kirchen fordern konstruktive Politik nach der Wahl

Kirchen fordern konstruktive Politik nach der Wahl
Die Kirchen in Deutschland haben nach dem emotional aufgeladenen Wahlkampf die Parteien aufgerufen, verantwortungsvoll mit dem Wahlergebnis umzugehen. Die Spaltung der Gesellschaft müsse überwunden werden. Besorgt zeigt man sich über den AfD-Erfolg.

Frankfurt a.M. (epd). Die Kirchen in Deutschland rufen nach der Bundestagswahl die Parteien der demokratischen Mitte auf, rasch gemeinsame Lösungen zu finden. Die Spitzen der katholischen und der evangelischen Kirche, Georg Bätzing und Kirsten Fehrs, betonen die Notwendigkeit, nach dem emotional aufgeladenen Wahlkampf nun zukunftsorientiert und besonnen zu handeln. Sie fordern die Parteien auf, die gesellschaftliche Spaltung zu überwinden. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, äußerte sich erschrocken über den Wahlerfolg der AfD.

„Der Wahlkampf ist vorüber, jetzt muss gehandelt werden“, forderte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Bätzing. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die Hamburger Bischöfin Fehrs, sagte, die Tage und Wochen vor der Wahl seien geprägt gewesen von stark emotionalisierten Debatten, die die gesellschaftliche Stimmung aufgeheizt hätten. Jetzt stünden die Parteien vor der Aufgabe, mit diesem „Wahlergebnis konstruktiv und verantwortungsvoll umzugehen“, erklärte Fehrs am Sonntagabend.

Der Limburger Bischof Bätzing sagte: „Die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler will eine Stärkung der demokratischen Mitte, was sich am Wahlergebnis zeigt. Ich hoffe, dass wir jetzt zügig eine stabile Regierung bekommen, die die Probleme anpackt.“ Extremistische Kräfte und solche, die trotz des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine mit Russland sympathisieren, dürften nicht den Ton angeben.

Bei der vorgezogenen Bundestagswahl am Sonntag wurden dem vorläufigen Ergebnis zufolge die Unionsparteien mit 28,6 Prozent der Stimmen stärkste Kraft. Die AfD kam auf 20,8 Prozent. Dem Bundestag gehören außerdem die SPD (16,4 Prozent), die Grünen (11,6 Prozent) und die Linke (8,8 Prozent) an. Alle weiteren Parteien scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Wahlbeteiligung lag bei 82,5 Prozent.

Die EKD-Ratsvorsitzende Fehrs äußerte sich sehr besorgt darüber, dass extremistische Positionen größere Zustimmung gefunden haben als bei vorhergehenden Wahlen. Völkische Parolen und menschenverachtende Haltungen seien mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar.

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, gratulierte der Union und ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) zum Wahlsieg: „In Zeiten einer besorgniserregenden Fragmentierung der Gesellschaft braucht Deutschland jetzt einen Kanzler, der eint. Der europäisch denkt. Und der einem vielfältigen Land mit großen Herausforderungen Hoffnung gibt.“

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte, es müsse alle umtreiben, „dass ein Fünftel der deutschen Wähler einer mindestens in Teilen rechtsextremistischen Partei ihre Stimme gibt, die sprachlich und ideologisch offen Verbindungen zum Rechtsradikalismus und Neo-Nazismus sucht, mit den Ängsten der Menschen spielt und ihnen nur scheinbare Lösungen anbietet“.

Nach dem Erfolg der AfD will die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland in einen stärkeren Diskurs mit Anhängern der Partei treten. Seine Kirche werde neu überlegen, wie sie die Menschen erreiche, kündigte der mitteldeutsche Landesbischof Friedrich Kramer an. Dazu gehöre es, sich in der Kampagne „#VerständigungsOrte“ zu engagieren und das Gespräch mit allen zu suchen.

Die Landesbischöfin der evangelischen Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, sagte, die hohe Wahlbeteiligung sei „ein ermutigendes Zeichen für eine lebendige Demokratie“. Sie sehe allerdings mit großer Sorge, „dass in Teilen unseres Kirchengebietes auch Kandidatinnen und Kandidaten in den Bundestag gewählt wurden, deren Äußerungen und Positionen unsere Gesellschaft spalten und Menschen ausgrenzen“.