Komplimente - Worte wie Sonnenstrahlen

Kind verschenkt ein gemaltes Herz
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Ein Kompliment kann Balsam für die Seele sein, ist aber nicht für jede/n einfach, anzunehmen.
Warum sie nie aus der Mode kommen
Komplimente - Worte wie Sonnenstrahlen
"Du bist umwerfend": Komplimente machen das Miteinander schöner. Sie haben die Kraft, Menschen zu verzaubern. Nur brauche es heute möglicherweise etwas mehr Feingefühl als früher, sagt eine Expertin.

"Von einem guten Kompliment kann ich zwei Monate leben", soll der amerikanische Schriftsteller Mark Twain (1835-1910) einst gesagt haben. Und wer würde bestreiten, dass ein gutes Wort, ein anerkennender Satz zur rechten Zeit wahre Wunder wirken kann. Wir fühlen uns gesehen und geschätzt. Und das löst nachweislich positive Emotionen aus - sicherlich auch am 1. März, dem "Tag der Komplimente".

Forscher des Instituts für Medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Heidelberg und des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim haben herausgefunden, dass beim Austausch von Lob und Komplimenten im Gehirn das Empathie- und Belohnungssystem aktiviert wird. Dort sind die Bindungs- und Glückshormone Oxytocin und Dopamin aktiv.

In einer aufwendigen Studie untersuchten sie Paare, die sich gegenseitig kurze Textnachrichten mit Komplimenten schickten, während sie in zwei miteinander verbundenen MRT-Scannern lagen. "Die Ergebnisse unserer Untersuchung liefern erste Hinweise darauf, dass liebe und wertschätzende Worte an den Partner oder die Partnerin jene Belohnungsschaltkreise im Gehirn aktivieren, die auch dann reagieren, wenn wir beispielsweise unsere Lieblingsmusik hören, ein gutes Essen genießen oder im Lotto gewinnen", schreibt Beate Ditzen, Direktorin des Instituts für Medizinische Psychologie am Uniklinikum Heidelberg. Und noch etwas fanden die Wissenschaftler heraus: Ein Kompliment macht nicht nur den glücklich, der es bekommt, sondern auch den, der es macht.

Für Judith Mangelsdorf sind Komplimente nicht nur etwas zwischen zwei Menschen. Vielmehr haben sie in ihren Augen das Potenzial, das gesamtgesellschaftliche Miteinander zu verbessern. Aber die positiven Auswirkungen von Komplimenten würden vielfach unterschätzt, so die Psychologin von der Deutschen Hochschule für Gesundheit und Sport in Berlin. Dabei gebe es Belege dafür, dass Komplimente Stress abbauen, das Selbstbewusstsein steigern und die Kommunikation verbessern können, sagte sie dem ZDF. Viele Menschen seien im Komplimente-Geben trotzdem eher zurückhaltend.

Annehmen von Komplimenten kein Selbstläufer

Woran liegt das? "Schwaben wird ja gemeinhin Sparsamkeit nachgesagt", erklärt Evelyn Siller mit einem Schmunzeln. Das gelte mitunter auch bei Komplimenten und Anerkennung, sagte die Inhaberin der Akademie für Stil & Wirkung in Stuttgart und ehemalige Vorsitzende des Deutschen Knigge-Rates dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Motto: "Net gschimpft isch gnug globt" (Nicht geschimpft ist genug gelobt).

"Etwas zu geben, einfach so - ohne Anlass und Spendenquittung - ist heute nicht mehr so üblich", beobachtet sie nicht nur unter Schwaben. Aber auch das Annehmen von Komplimenten sei kein Selbstläufer: "Viele Menschen sind überfordert und unsicher, wenn sie eine unvermittelte und dazu noch positive Rückmeldung bekommen, weil wir heutzutage eher vom Bösen ausgehen und uns immer fragen, was der andere im Schilde führt."

Mehr Feingefühl ist gefragt

Die gute Nachricht: Komplimente zu machen, kann man lernen. "Man braucht dazu zwei Dinge", sagt die Expertin: "Die richtige Herzenshaltung, dass man gewillt ist, an seinen Mitmenschen Gutes zu sehen, und den Mut, das diesen dann auch zu sagen." Komplimente kämen ihres Erachtens nie aus der Mode, " denn sie machen das Miteinander doch einfach so viel netter und freundlicher", sagt Evelyn Siller. Es brauche heute möglicherweise etwas mehr Fein-, Situations- und Wortgefühl als früher.

So sei es wichtig, dass ein Kompliment dem Gegenüber ein gutes Gefühl vermittele und nicht ein flaues hinterlasse: "Ganz unabhängig vom Geschlecht können Äußerungen, die das Persönliche betreffen, schnell übergriffig sein, und das Bewusstsein dazu hat sich verändert." Sie empfehle beispielsweise, vom schönen Kleid oder dem schicken Anzug zu sprechen, nicht von der Figur darin. Wenn man Kolleginnen oder Kollegen am Arbeitsplatz nur flüchtig kenne, sei es besser, auf Komplimente zu sehr persönlichen Dingen zu verzichten, und stattdessen die gute Zusammenarbeit oder Arbeitsleistung hervorzuheben.

Allen Fettnäpfchen zum Trotz sei ein ernstgemeintes Kompliment zeitlos charmant, sagt die Expertin: "Es wirkt wie Sonnenstrahlen auf unserer Seele und beflügelt uns." Einen Augenblick, zwei Monate oder "möglicherweise ein ganzes Leben lang".