Zum fünften Jahrestag des rassistischen Anschlags von Hanau hat Bundesjustizminister Volker Wissing (parteilos) entschiedenen Einsatz gegen rechte Gewalt gefordert. "Als Staat müssen wir alles tun, um unsere Mitmenschen, die in unserem Land wegen ihrer Hautfarbe oder ihrer Herkunft bedroht werden, besser zu schützen", erklärte Wissing am Dienstag in Berlin. Die Antirassismus-Beauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), kritisierte, dass sich nach dem Anschlag zu wenig geändert habe.
"Rechtsterroristische Taten wie die von Hanau richten sich stets auch gegen unser Selbstverständnis als offene und vielfältige Gesellschaft", erklärte Wissing. "Wir dürfen uns auch in Zeiten intensiver politischer Debatte nicht spalten lassen", mahnte er. In der freiheitlichen Demokratie seien für "Rassismus und rechte Hetze kein Platz".
Alabali-Radovan erklärte, "Hanau hätte Zäsur und Weckruf sein müssen, war es aber nicht". Die politisch motivierte Kriminalität von rechts sei 2024 auf Höchstwerte gestiegen, rassistische Positionen nähmen sich immer mehr Raum und Migrationsdebatten stigmatisierten immer mehr Menschen mit Einwanderungsgeschichte.
Der Anschlag habe nicht im luftleeren Raum stattgefunden, führte Alabali-Radovan aus. "Hanau ist überall wieder möglich, denn Rassismus tötet", warnte sie. Staat und Politik seien in der Verantwortung, unter anderem konsequentere Prävention zu ermöglichen, Behördenversagen aufzuklären und das "Schutzversprechen für alle im Land einzulösen".
Der Bundesopferbeauftragte Roland Weber erklärte, der Jahrestag solle eine Mahnung sein, "dass Rassismus und Diskriminierung für viele Menschen in Deutschland Alltag sind". Es ist Aufgabe der Gesellschaft, "uns gegen diesen Hass zu stellen".
Am 19. Februar 2020 hatte in Hanau ein Rechtsextremist neun Menschen mit Migrationshintergrund ermordet und sechs weitere teils schwer verletzt. Alabali-Radovan wird am Mittwoch an einer Gedenkveranstaltung in der hessischen Stadt teilnehmen und gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der Opfer gedenken sowie die Angehörigen und Überlebenden treffen.
Laut vorläufigen Zahlen des Bundeskriminalamts wurden 2024 insgesamt 41.406 politisch motivierte Straftaten von rechts registriert. Das bedeutet einen Anstieg um 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und einen neuen Höchststand.