Studie: Mindestlohn in Deutschland steigt nur auf niedrigem Niveau

Studie: Mindestlohn in Deutschland steigt nur auf niedrigem Niveau

Düsseldorf (epd). Mit der Anhebung des Mindestlohns zu Anfang dieses Jahres auf 12,82 Euro pro Stunde verzeichnet Deutschland im europäischen Vergleich beim Reallohn-Zuwachs lediglich einen moderaten Anstieg. So legte der Mindestlohn in der EU n im Durchschnitt um 3,8 Prozent zu, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung am Dienstag in Düsseldorf zur Vorlage ihres internationalen Mindestlohnberichts mitteilte. In Deutschland lag das Wachstum beim Mindestlohn unter Berücksichtigung der Inflation bei 0,8 Prozent.

Fast überall in der Europäischen Union seien die Mindestlöhne zum Jahresanfang gestiegen, erklärte das WSI. Allerdings fielen die Zuwächse je nach Land recht unterschiedlich aus. So stammen die neun Länder mit den größten realen Zuwächsen - von jeweils mehr als fünf Prozent - allesamt aus Osteuropa. Im Rest der EU verzeichnen Irland (plus 4,9 Prozent), Portugal (plus 3,3 Prozent), Griechenland (plus 3,3 Prozent) und die Niederlande (plus 2,7 Prozent) hohe reale Steigerungen.

Als einen Grund für die Erhöhungen macht der Bericht den Einfluss der europäischen Mindestlohnrichtlinie aus. Viele Länder hätten eine langfristige Zielgröße für den Mindestlohn gesetzlich verankert oder auf andere Weise festgelegt. Die Bilanz der vergangenen zehn Jahre zeige, dass dies dem Mindestlohn einen deutlichen Schub gegeben habe: So legte der Mindestlohn in Westeuropa in Spanien (plus 48,9 Prozent) und Portugal (plus 40,3 Prozent) am deutlichsten zu, in Großbritannien stieg der Mindestlohn preisbereinigt sogar um 76 Prozent.

Demgegenüber fällt die Zehn-Jahres-Bilanz in Deutschland bescheidener aus: Hierzulande stieg der Mindestlohn im Vergleich zu 2015 real um 16 Prozent. Die Entwicklung des Mindestlohns in Deutschland habe damit „über die vergangenen zehn Jahre zu keiner nennenswerten realen Erhöhung geführt, sondern lediglich inflationsbedingte Kaufkraftverluste ausgeglichen“, betonten die Studienautoren Malte Lübker und Thorsten Schulten. Die Wissenschaftler plädieren für eine Erhöhung des Mindestlohns in Deutschland auf 15 Euro pro Stunde noch in diesem Jahr.

Mit dem aktuellen Mindestlohnniveau lag Deutschland unter den 22 EU-Ländern mit gesetzlichem Mindestlohn zum Stichtag 1. Januar 2025 hinter Luxemburg (15,25 Euro), den Niederlanden (14,06 Euro) und Irland (13,50 Euro) auf dem vierten Platz. Da Belgien seinen Mindestlohn am 1. Februar von 12,57 Euro auf 12,83 Euro erhöht hat, ist Deutschland mittlerweile auf den fünften Platz gerückt.