Die Wahlprogramme der Parteien zu Kirche

Ein Kreuz mit dem gekreuzigten Jesus am Domplatz in der Innenstadt von Erfurt, der Landeshauptstadt von Thüringen.
epd-bild/Paul-Philipp Braun
Ein Kreuz mit dem gekreuzigten Jesus am Domplatz in der Innenstadt von Erfurt, der Landeshauptstadt von Thüringen.
Das Kreuz bei der Wahl
Die Wahlprogramme der Parteien zu Kirche
Feiertage, Religionsunterricht, Staatsleistungen, Kirchenasyl: Das Verhältnis zu den Kirchen und Religionsgemeinschaften spielt auch in den Wahlprogrammen der Parteien zur Bundestagswahl eine Rolle. Im Detail fallen manche Unterschiede deutlich auf.

Ein Schreiben der Kirchen an Bundestagsabgeordnete hat kürzlich für Aufsehen gesorgt. Von "Befremden" und der Gefahr eines "massiven Schadens" für die Demokratie schrieben die Leitungen der Berliner Büros von evangelischer und katholischer Kirche, als sich ankündigte, dass die Unionsfraktion im Bundestag mit den Stimmen der AfD einen Antrag für eine massive Verschärfung der Asylpolitik beschließen will.

Bei CDU und CSU, den Parteien mit dem Wort "christlich" im Namen, sorgte das für Empörung. Sie seien doch immerhin "die einzigen und letzten", die überhaupt noch zur Idee der Kirchen stünden, wetterte CSU-Chef Markus Söder beim Parteitag der Schwesterpartei CDU. Deckt sich diese Aussage mit den Wahlprogrammen?

"Bei der CDU findet man durchaus einiges im Wahlprogramm, bei dem man sich zu christlichen Traditionen bekennt, etwa den Religionsunterricht, den Schutz christlicher Feiertage und die Sonntagsruhe", sagte der Leipziger Religionssoziologe Gert Pickel dem Evangelischen Pressedienst (epd). In anderen Wahlprogrammen würden die Themen Kirche und Religion insgesamt nicht mehr besonders stark angesprochen, sagte der Professor.

So ist es etwa bei der SPD. "Kirchen und Religionsgemeinschaften leisten einen wertvollen Beitrag für unser Zusammenleben", heißt es im Wahlprogramm der Sozialdemokraten schlicht. Auch das BSW geht bei der Religionspolitik nicht in die Tiefe. "Wir erkennen die bedeutenden Beiträge von Kirchen, Religionsgemeinschaften sowie weltanschaulichen Vereinigungen an", heißt es in deren Programm. Dass die kurzen Passagen immerhin Wertschätzung ausdrücken, freut die Kirchen. In mehreren Programmen werde der Beitrag der Kirchen zum Zusammenhalt der Gesellschaft ausdrücklich gewürdigt, sagte die Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin, Anne Gidion.

Grüne wollen das kirchliche Arbeitsrecht reformieren

Neben der CDU sieht Pickel aber auch bei den Grünen eine Verwurzelung bei den Kirchen. "Das merkt man auf Kirchentagen", sagte er. Während die CDU die Kirchen aber sehr traditionell betrachte, sähen die Grünen die Kirchen eher als zivilgesellschaftlich relevante Gruppe. Ihr Wahlprogramm liest sich differenziert: Die Bündnisgrünen bekennen sich ausdrücklich zum Kirchenasyl. Zugleich wollen sie das kirchliche Arbeitsrecht reformieren und Ausnahmen für die Kirchen im Antidiskriminierungsgesetz aufheben. Die Forderung nach einer Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen haben die Grünen aus dem Programm gestrichen.

Die findet sich nach wie vor in den Programmen von FDP und Linken. Die Linken wollen zudem eine Abschaffung des in ihren Worten "Sonderarbeitsrechts" der Kirchen, Änderungen bei der Militärseelsorge und dass die Kirchen die Kirchensteuern selbst einziehen, was gegen eine Gebühr derzeit der Staat übernimmt.

Die AfD, die sich auf "christlich-abendländische Kultur" beruft, erwähnt die Kirchen an nur einer Stelle - mit dem Vorhaben, das Kirchenasyl abzuschaffen. Die Rechtsaußenpartei fokussiert sich bei der Religionspolitik auf die Abgrenzung zum Islam, fordert etwa ein Ende vom islamischen Religionsunterricht und der Uni-Lehrstühle für islamische Theologie.

Als "dezidiert islamfeindlich" bezeichnet die Politikwissenschaftlerin Saba Nur-Cheema die AfD. Ihr macht aber auch Sorge, dass in den Programmen der anderen Parteien zur Bundestagswahl der Islam als Religion weniger als früher eine Rolle spielt, der Islamismus als Sicherheitsthema aber schon. Es sei richtig, Islamismus als Problem zu benennen und ihn wie Rechtsextremismus zu bekämpfen, sagte sie: "Das Problem ist, dass alles andere ausbleibt, dass wir nicht über Muslimfeindlichkeit, die Einschränkung der politischen Teilhabe von Muslimen, Alltagsdiskriminierung und Gleichstellung der islamischen Religionsgemeinschaften sprechen."

Die Parteien unterschätzten dabei "absolut, was für ein Potenzial sie damit verlieren", sagte Cheema: "Wir reden über fast sechs Millionen Muslime in Deutschland." Kirchenmitglieder sind dem Forscher Pickel zufolge bei ihrem Wahlverhalten "im Wesentlichen ein Spiegelbild der Gesellschaft". Das zeigten verschiedene Studien. "Tatsächlich gibt es unter Christen bis heute mehr CDU-Wähler, aber nicht mehr so stark wie früher", sagte er. Und weiterhin gelte auch: "Protestanten wählen mehr SPD, Katholiken mehr CDU."