CSU weiter verstimmt wegen Kritik aus der evangelischen Kirche

CSU weiter verstimmt wegen Kritik aus der evangelischen Kirche
Der "Brandbrief" der Berliner Büros der Kirchen zur Asylpolitik der Unionsparteien wirkt nach. CSU-Politiker äußern sich weiterhin verstimmt. Evangelische Spitzenrepräsentanten verteidigen die Positionierung in Zeiten des Wahlkampfs.

Frankfurt a.M. (epd). Das Verhältnis zwischen der CSU und der evangelischen Kirche bleibt zwei Wochen nach der umstrittenen Asyl-Abstimmung im Bundestag angespannt. Während Parteichef Markus Söder und der Vorsitzende der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, Klaus Holetschek die kirchliche Stellungnahme zum Kurs unter dem Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) abermals kritisierten, verteidigte die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, die Positionierung als Beitrag zu politischen Debatte.

Holetschek sagte der „Augsburger Allgemeinen“ (Donnerstag): „Die Fragen der Tagespolitik gehören in einer Demokratie ins Parlament, nicht in die Predigt.“ Die von der EKD und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz geäußerte Kritik am Kurs von Merz so kurz vor der Bundestagswahl sei ein „Kardinalfehler“. Dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagt der Katholik Holetschek, wenn sich die Kirchen kurz vor einer Wahl bei gesellschaftlich hochkontroversen Debatten „klar auf eine Seite schlagen, habe ich kein gutes Gefühl“. Er sehe die „zentralen Kompetenzen“ der Kirchen darin, der Gesellschaft ein christliches Fundament zu geben.

Söder, der der evangelischen Kirche angehört, sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Donnerstag): „Die Kritik nehmen wir an, aber umgekehrt müssen wir auch unsere Meinung sagen dürfen - auch ich als gläubiger Christ.“ Der bayerische Ministerpräsident sprach von einem „offenbar unabgestimmten Schreiben der politischen Büros der Kirchen“. Mehrere Bischöfe und viele Gläubige hätten sich sofort davon distanziert.

Die Ratsvorsitzende Fehrs sagte am Donnerstag bei einer Online-Pressekonferenz, zum Thema Migration und Stärkung der Demokratie hätten die Kirchen „sehr klare Positionen“, und es sei auch wichtig, dass sie in den demokratischen Diskurs eingetragen werden. Gleichzeitig „erheben diese Papiere niemals den Anspruch, letzte Wahrheiten zu verkünden“, sagte die Hamburger Bischöfin.

Mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und AfD war am 29. Januar im Bundestag ein Antrag verabschiedet worden, der dauerhafte Grenzkontrollen, Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze und eine unbefristete Inhaftnahme von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern fordert. Die Berliner Büros der Kirchen hatten sich zuvor mit einem Schreiben an Bundestagsabgeordnete gewandt, in dem sowohl der Inhalt als auch die absehbare Inkaufnahme von Stimmen der in Teilen rechtsextremen AfD kritisiert wurden. Den Brandbrief hatten die Leitungen der Berliner Büros der Kirchen unterzeichnet, Anne Gidion für die evangelische und Karl Jüsten für die katholische Kirche. Einzelne katholische Bischöfe distanzierten sich.

Der Weltkirchenratsvorsitzende und frühere EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm sagte, Kirchen hätten „nicht die Aufgabe, den politisch Verantwortlichen nach dem Munde zu reden.“ Bei einem Themenabend zu „Flucht, Asyl und Migration“ im sachsen-anhaltischen Stendal am Mittwochabend führte er aus, es liege „ein grundsätzliches Missverständnis“ vor, wenn Politiker den Kirchen „das Recht auf kritische Stellungnahmen zu Grundorientierungsfragen“ wie dem Asylrecht absprächen. „Die Rechte der Kirchen gar von ihrem Wohlverhalten gegenüber denen abhängig machen zu wollen, die die politische Macht haben, wäre geradezu absurd“, sagte Bedford-Strohm und ergänzte: „Aus meiner Arbeit im Weltkirchenrat kenne ich solche Haltungen aus autokratisch regierten Ländern. In Demokratien haben sie keinen Platz.“

CSU-Chef Söder hatte auf dem CSU-Parteitag am vergangenen Samstag in Nürnberg gesagt: „Ich weiß, wie plural Kirchen organisiert sind, deswegen keine Kritik, aber vielleicht als kleinen Merkposten, nicht vergessen, wer am Ende noch an der Seite der Institution Kirche steht. Es sind nämlich wir. Nicht, dass irgendwann man ganz plötzlich alleine steht. Denkt mal drüber nach.“