Konferenz diskutiert über Krise der Demokratie

Konferenz diskutiert über Krise der Demokratie

Frankfurt a.M. (epd). Politikwissenschaftler haben am Mittwoch in Frankfurt am Main über Auswege aus einer Krise der Demokratie diskutiert. Laut Befragungen in Demokratien weltweit forderten viele Bürgerinnen und Bürger eine politische Reform, sagte die Frankfurter Leiterin der Forschungsstelle Demokratische Innovationen, Brigitte Geißel, auf der Konferenz „Demokratischer Zusammenhalt“. Deutschland befinde sich international in der Mitte, hier sage die Hälfte der Befragten, das politische System müsse grundlegend oder in großen Teilen reformiert werden. Die aktuelle Krise könne ein Anstoß zur Suche nach neuen Demokratieformen sein, sagte Geißel.

Als konkrete Vorschläge nannte die Wissenschaftlerin unter anderem Bürgerräte, Bürgerhaushalte, digitale Beteiligungsmöglichkeiten, ein geändertes Wahlrecht und Volksentscheide. Auch bei dem Wunsch nach Volksentscheiden liege Deutschland mit einer Zustimmung von 52 Prozent der Befragten international in der Mitte. Die Bürger seien der Souverän, nicht Politiker oder Wissenschaftler, betonte Geißel. Auch die Regierungsform sollte Teil der Demokratie sein. Eine durch Bürger fortwährend reformierte Demokratie sei stabiler gegen populistische Behauptungen.

„Wir brauchen eine gesellschaftliche Mitte, um eine wehrhafte Demokratie zu gestalten“, sagte der Bielefelder Konfliktforscher Andreas Zick. Doch die gesellschaftliche Mitte sei zerbrechlicher geworden und schrumpfe. Die Mitte rücke politisch nach rechts, weil sie sich in Krisen mehr Zusammenhalt und Sicherheit erhoffe. „Völkische Einstellungen“ gebe es quer durch alle politischen Lager. Eine wehrhafte Demokratie müsse ihre Feinde frühzeitig identifizieren und gegen sie einschreiten, bevor diese Gewalt anwendeten, sagte der Wissenschaftler. Die wichtigsten Bedürfnisse, die Bürger in Befragungen von der Politik anmahnten, seien die Behebung von Defiziten in der Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und sozialen Ungleichheit.

Der Kasseler Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder wies darauf hin, dass die AfD im Jahr 2019 einen „Marsch durch die Organisationen“ angekündigt habe. „Wir können nicht von einer rechten Landnahme der Zivilgesellschaft sprechen, aber von mehr Energie der Rechten, in diese Bereiche vorzudringen“, sagte er. Rechte politische Kräfte gründeten alternative Organisationen zu bestehenden Vereinen. In den Organisationen der Zivilgesellschaft gebe es eine hohe Sensibilität dafür, sie seien aber nur bedingt in der Lage, gegen Eingriffe handlungswillig und -fähig zu sein. Die Bundesregierung müsse die finanzielle Grundlage für eine dauerhafte Auseinandersetzung bereitstellen.

Die Konferenz wurde im Auftrag des hessischen Wissenschaftsministeriums veranstaltet vom Peace Research Institute Frankfurt (PRIF) und dem Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt an der Goethe-Universität.