Buchtipps zum Black History Month

Bücher liegen vor einem vollen Bücherregal.
Getty Images/iStockphoto/Mercedes Rancaño Otero
Buchtipps von Eliport zum Black History Month.
Blick in die Literatur: Buchtipps
Buchtipps zum Black History Month
Anlässlich des Black History Month im Februar legt das Evangelische Literaturportal diese Woche den Fokus auf Romane, die schwarze Geschichte behandeln. Es gilt, nicht die Augen vor Rassismus zu verschließen, gegen ihn anzugehen und zu würdigen, was betroffene Menschen bisher erreicht und gesellschaftlich beigetragen haben, oft unter grausamen und schwierigen Bedingungen.

Wir Zerrissenen

Die Erfolge als Weinbauer in Südafrika schützen Abram und seine Familie nicht vor der Maschinerie der Rassengesetze.   

Südafrika 1927: Ein neues Gesetz der Kolonialherren stellt die sexuelle Beziehung zwischen Weißen und Schwarzen unter Strafe. Das hat gravierende Folgen für Abram, den weißen Weinbauern, und Alisa, der schwarzen Engländerin, und deren Töchter, Emilia und Dido. In ihrer depressiven Verfassung sieht Alisa keinen Ausweg, sie legt ein Feuer, bei dem sie und Emilia umkommen. Um der Verfolgung zu entgehen, flieht Abram mit Dido aus Kapstadt nach Pretoria, wo sie ausharren, bis die Flucht fortgesetzt werden kann. Ob sie gelingt, bleibt offen. Der Erzählstil ist impressionistisch, poetisch-magisch. Afrika wird mit seiner Landschaft, mit der Natur und seinen Menschen lebendig. Trotz ihrer Entwurzelung durch die Kolonisierung und der bitteren Erfahrung mit dem Rassismus schöpfen die Menschen Kraft aus ihren Mythen, Geschichten und der Ahnenverehrung. Diese Welt bringt die Autorin den Leser:innen mit ihrer kraftvollen Sprache nahe. Der poetische Stil weicht mit Alisas Tagebuch einem eher berichtenden. Dido hat es gerettet, gibt es dem Vater in der Hoffnung, dass sich sein Hass auf Alisa legt.
Ein facettenreicher Debüt-Roman, der Einblicke in die Seele Afrikas gewährt. Erzählt wird vom Umgang mit Verlust und den Auswirkungen von Rassismus, erzählt wird auch eine Vater-Tochter-Geschichte. Ursula Führer 

Wir Zerrissenen. Roman. Rešoketšwe Manenzhe. Dt. von Dorothee Merkel. München: Penguin 2023. 351 S. ; 21 cm. Aus d. Engl., ISBN 978-3-328-60270-5, geb.: 25,00 €

James

Die Geschichte von Huckleberry Finn, radikal neu erzählt aus der Perspektive von Jim.

Jim lebt sein Leben nach ungeschriebenen, aber überlebenswichtigen Regeln. Er versteckt seine Bildung, sein Wissen und seine Intelligenz – viel zu gefährlich wäre es, wenn die Weißen in ihm etwas Anderes sehen würden, als den dummen Sklaven. Als er von seiner Familie getrennt und in New Orleans verkauft werden soll, flieht er und trifft dabei auf Huckleberry Finn. Gemeinsam begeben sie sich auf eine waghalsige Reise in den Norden, wo sie sich beide die Freiheit erhoffen. Die Geschichte ist bekannt, wird von Percival Everett jedoch radikal neu erzählt. Er gibt Jim eine Stimme und füllt so eine Leerstelle in Mark Twains Klassiker. Gekonnt schreibt Everett dabei nicht nur einen grandiosen Abenteuerroman, vor allem zeigt er, wie Jims Identität immer wieder neu ausgehandelt wird, je nachdem, wem er begegnet und wie diese (zumeist Weißen), ihn wahrnehmen. 

Ein Roman, der alles hat, was eine gute Abenteuergeschichte braucht und zugleich mehr ist als das: Ein Roman über Sprache, über Identität und Status und wie sehr all das von außen bestimmt werden kann. Miriam Weinrich 

James. Roman. Percival Everett. Dt. von Nikolaus Stingl. München: Hanser 2024. 329 S. ; 21 cm., Aus d. Engl.,ISBN 978-3-446-27948-3, geb.: 26,00 €

Brown Girls

Ein mitreißender Text-Rhythmus, intersektionale Themen wie Race und Weiblichkeit – ein Debüt in Klassiker-Gewand.

Eine Gruppe Freundinnen, ihre Immigrant*innenfamilien und Queens, New York: Daphne Palasi Andreades dirigiert in ihrem Debüt einen Chor moderner "brown girls" mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen, die allesamt im selben Viertel wohnen. Sie schreien, heulen, jauchzen vor Freude, finden und verlieren sich, lernen, werden erwachsen. Coming-Of-Age, Aufschrei und Lebensgeschichte vereinen sich hier zu einer Welle von kleinen Geschichten, die gemeinsam ein großes Ganzes bilden.

Die sehr kurzen Kapitel tragen nur so durch die Lektüre, und es fällt schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Andreades nutzt ihre Sprache dabei wie ein weiteres Instrument, wie die Hintergrundmelodie des Chors: mal schlagkräftig, dann poetisch und sanft, aber immer treffsicher. Eine unbedingte Leseempfehlung! Mara Becker 

Brown Girls. Roman. Daphne Palasi Andreades. Dt. von Cornelius Reiber. München: Luchterhand 2024. 239 S. ; 19 cm., Aus d. amerikan. Engl.,ISBN 978-3-630-87677-1, geb.: 20,00 €

Zusammenkunft

Eine junge schwarze Frau reflektiert die Bedingungen ihres Aufstiegs in der britischen Gesellschaft.

Sie will nach oben kommen. Dies gelingt ihr als junge schwarze Frau im männerdominierten Finanzsektor. Sie ist erfolgreich und doch fühlt sie sich fremd, obwohl sie die Beste ist. Ihr weißer Freund gehört der britischen Upperclass an. Auf der Fahrt zur Gartenparty seiner Familie reflektiert die namenlose Protagonistin ihren Aufstieg und die beständige Angst vor dem Verlust des Erreichten. Ihr Erfolg ist geprägt von Mikroaggressionen am Arbeitsplatz, Rassismus, Sexismus und den noch spürbaren Folgen des britischen Kolonialismus. Sie entlarvt ihren Selbstbetrug, die völlige Verausgabung ihrer Kräfte bis hin zum Lebensüberdruss durch die Verdrängung einer lebensbedrohlichen Krankheit. Der Schreibstil spiegelt die Brüche der Protagonistin wider - Erzählstränge brechen ab, die Sprache ist dicht und fordert aufmerksames Lesen. Die Autorin hat selbst im Londoner Finanzsektor gearbeitet und wurde mit ihrem Buch als literarische Debütantin im Jahr 2021 in Großbritannien gefeiert. 

Ein interessantes und wichtiges Buch zur aktuellen Debatte um Rassismus und Geschlechtergerechtigkeit. Für größere Bestände. Birgit Hillmer 

Brown, Natasha: Zusammenkunft. Roman. Natasha Brown. Dt. von Jackie Thomae. Berlin: Suhrkamp 2022. 113 S. ; 22 cm., Aus d. Engl.,ISBN 978-3-518-43046-0, geb.: 20,00 €

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