Berlin (epd). Der Holocaust-Überlebende Leon Weintraub hat in einem emotionalen Appell CDU-Chef Friedrich Merz zum Verzicht auf das von der Union initiierte sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz aufgefordert. „Bleiben Sie Mensch, Herr Merz“, heißt es in einem offenen Brief des 99-Jährigen, den die in Berlin erscheinende „tageszeitung“ am Mittwoch auf ihrer Titelseite veröffentlichte. Merz solle das „menschenfeindliche“ Gesetz nicht weiter behandeln.
Weiter schreibt der in Schweden lebende Mediziner: „Bitte hören Sie nicht auf die Lockrufe der Rechten.“ Merz solle ernst nehmen „was diese von sich geben, sie meinen, was sie propagieren“.
Weintraub, der der Zeitung zufolge anlässlich des 80. Jahrestages zur Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz in Polen war, erinnerte in seinem Schreiben an Merz daran: „Asylrecht ist Menschenrecht. Wir sind als Menschen geboren.“
Hintergrund des Appells an Merz ist das Vorgehen der Union im Bundestag. Die Unionsfraktion hatte am Mittwoch vergangener Woche mit den Stimmen der AfD einen Antrag für eine drastische Verschärfung der Asylpolitik durchgesetzt. Am Freitag scheiterten CDU/CSU im Bundestag indes mit dem Vorhaben, das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz verabschieden zu lassen.
Weintraub stammt den Angaben zufolge aus dem polnischen Lodz und wurde mit 14 Jahren nach Auschwitz deportiert. Von dort kam er in andere Konzentrationslager. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte er in Göttingen Medizin und arbeitete anschließend in Warschau, bevor er nach Schweden emigrierte.