TV-Tipp: "Wilsberg: Achtsam bis tödlich"

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8. Februar, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Wilsberg: Achtsam bis tödlich"
Neben den Dialogen, in die Regisseur Markus B. Altmeyer eine Menge philosophischer Aphorismen eingebaut hat, erfreut das Drehbuch vor allem durch die diversen überraschenden Wendungen.

"Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?" lautete vor einigen Jahren der Titel einer Komödie, in der eine Paartherapeutin den Dauerstress ihres Daseins mit zwei Kopien ihrer selbst bewältigt. Viele Menschen kennen das Gefühl, dem Alltag nicht mehr gewachsen zu sein, und deshalb gibt’s sogenannte Retreats: geschützte Erholungsräume ohne Smartphone, dafür aber mit viel Spiritualität. Weil der brave Finanzbeamte Ekki (Oliver Korittke) nur noch teilnahmslos am Schreibtisch hockt und selbst ein delikates Mahl seine Lebensgeister nicht zu wecken vermag, überzeugen ihn sein Freund Wilsberg (Leonard Lansink) und Anwältin Tessa (Patricia Meeden) zum vorübergehenden Rückzug: Yoga, Sauna, Meditation und verschiedene Workshops sollen ihm helfen, sein Ich wiederzufinden.

Auf dem ehemaligen Bauernhof vor den Toren Münsters sind alle furchtbar nett zueinander und unterstützen sich gegenseitig, aber natürlich dauert es nicht lange, bis Wilsberg feststellt: "Der Abgrund lauert in der Idylle." Tatsächlich entpuppt sich der vom jungen Paar Lena und Linus (Lena Schmidtke, Gustav Schmidt) geführte Erholungshort als Fassade, hinter der Eifersucht und Habgier lauern; aber das stellt sich erst später heraus. Zunächst hat Ekki ein ganz anderes Problem: Er soll sich eine Hütte ausgerechnet mit seiner Nemesis Silke (Nadja Becker) teilen; die erzürnte Ex-Freundin sorgt seit ihrem ersten Auftritt ("Aus Mangel an Beweisen", 2012) immer wieder mal für allerlei Ungemach im Leben des Steuerprüfers.

Prompt bittet er Wilsberg, ihn rauszuholen, aber kaum ist der Freund mit Ekkis Auto in Sichtweite, dreht er auch schon wieder um, denn Tessas Notlage ist ungleich größer: Sie soll im Affekt einen Kollegen erschlagen zu haben. Tatsächlich ist Bertram von Winterberg (Daniel Drewes) auf sehr unangenehme Weise zudringlich geworden, aber ihre Reaktion beschränkte sich darauf, ihn dort zu treffen, wo’s Männern besonders weh tut. Als Wilsberg rausfindet, dass der Jurist ebenfalls einige Zeit in dem Retreat verbracht hat, trifft es sich gut, dass er Ekki als "Undercover"-Ermittler nutzen kann.

Natürlich ist das im Grunde nicht witzig, aber Markus B. Altmeyer, dessen "Wilsberg"-Drehbücher bislang allesamt sehenswerte Verfilmungen zur Folge hatten, gibt den Verwicklungen eine heitere Note. Regisseurin Britta Keils, vom ZDF vor allem für die Serie "Bettys Diagnose" und die Reihe "Lena Lorenz" einsetzt, hat sich bei ihrer Umsetzung darauf beschränkt, die Geschichte zu bebildern, ohne optische Akzente zu setzen, aber die Arbeit mit dem Ensemble, zu dem neben Tom Beck (als Tessas arroganter Chef) auch einige kaum bis gar nicht bekannte Mitwirkende gehören, ist aller Ehren wert.

Das galt auch schon für ihre Regie beim zweiten Film mit Ulrike Kriener und Maren Kroymann als ungleiche Schwestern ("Mona & Marie – Ein etwas anderer Geburtstag") sowie bei ihrem Ausflug zum ARD-Freitagsfilm, "Landfrauen – Wir können auch anders" (beide 2023), eine vergnügliche romantische Komödie mit Bettina Burchard als Kölner Pflegerin, die beim Spontanurlaub im Bergischen Land die Liebe findet.

Eine besondere Rolle bei Keils’ "Wilsberg"-Debüt kommt wieder mal Roland Jankowsky zu. Oberkommissar Overbeck hat ein Ehrenamt in der JVA übernommen und bietet den Häftlingen einen Grundkurs in Philosophie an. Das führt fast schon zwangsläufig zu einigen heiteren Dialogen, gibt aber auch der kriminalistischen Ebene eine unerwartete Wende: Ein junger Insasse, dem Polizisten schon allein deshalb sympathisch, weil er Philosophie studiert hat, ist im Gefängnis, weil er angeblich seine Freundin ermordet hat.

Selbstredend beteuert er seine Unschuld, das tun zumindest im Krimi alle Häftlinge, aber Overbeck wird stutzig, als David (Alexander Seidmann) ihm erzählt, sein Verteidiger habe ihm davon abgeraten, das Urteil anzufechten. Dieser Anwalt war kein anderer als der erschlagene Kollege von Tessa, der sich im Retreat von Linus und Lena offenbar in Davids Freundin verliebt hat. Seltsam auch, dass Davids Akte spurlos verschwunden ist; und Wilsberg muss nun gleich zwei Morde aufklären. 

Neben den Dialogen, in die Altmeyer eine Menge philosophischer Aphorismen eingebaut hat, erfreut das Drehbuch vor allem durch die diversen überraschenden Wendungen; so kommt Ekki zum Beispiel ausgerechnet mit Hilfe der laufenden Zahlungen von Silkes Nagelstudio einem lukrativen Nebenerwerb der vermeintlichen Gutmenschen auf die Spur. Trotzdem bleibt tatsächlich bis kurz vor Schluss völlig offen, wer Bertram von Winterberg auf dem Gewissen hat.