Die evangelischen Landeskirchen und die katholischen Bistümer in Hessen rufen zur Beteiligung an der Bundestagswahl am 23. Februar aufgerufen. "Wir setzen uns ein für Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt. Wir setzen uns ein für Demokratie und gegen Extremismus. Wir setzen uns ein, dass Denken und Handeln auf das Wohl aller Menschen hin ausgerichtet sind", heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Aufruf der evangelischen Kirchen in Hessen und Nassau, von Kurhessen-Waldeck und im Rheinland sowie der katholischen Bistümer Mainz, Limburg und Fulda.
Mit dem Aufruf beteiligen die Kirchen in Hessen sich an der bundesweiten ökumenischen Initiative "Für alle. Mit Herz und Verstand". Eine konkrete Wahlempfehlung geben die Kirchen nicht. Wie wichtig es sei, Zeichen zu setzen, zeige die aktuelle Debatte zur Verschärfung der Asylpolitik, sagt die kurhessische Bischöfin Beate Hofmann in Kassel. "Ich sehe mit großer Sorge, wie aus dem Druck des Wahlkampfes heraus gute demokratische Regeln bei der Suche nach politischen Kompromissen über Bord geworfen werden. Politik darf sich nicht von Populismus leiten lassen."
Die hessen-nassauische Kirchenpräsidentin Christiane Tietz empfahl, die Wahlprogramme der Parteien genau zu prüfen und zu hinterfragen. "Es ist bei der bevorstehenden Bundestagswahl besonders wichtig, populistische Aussagen zu entlarven, die gegen die Menschenwürde und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gerichtet sind", schreibt Tietz in Darmstadt. "Als Kirchen sind wir dem christlichen Menschenbild verpflichtet: Alle Menschen haben die gleiche Würde und die gleichen Menschenrechte. Niemand wird ausgegrenzt oder mit pauschalen Vorurteilen abgewertet." Unter dem Titel "Angefochtene Demokratie. Hilft nur noch beten?" wird Kirchenpräsidentin Christiane Tietz am 3. Februar um 19 Uhr in der Stadtkirche Darmstadt, Kirchstraße 11, einen Vortrag halten.
Die katholische Stadtkirche Nürnberg und die Akademie Caritas-Pirckheimer-Haus (CPH) haben am Freitag gemeinsam an die Wahlberechtigten appelliert, zur Bundestagswahl zu gehen und ihre Stimmen für "Demokratie, Menschenrechte und Vielfalt" abzugeben. Sie sollten Parteien ankreuzen, "die für eine menschenwürdige, soziale, verantwortungsvolle und zukunftsgerichtete Politik stehen", heißt es in einer Mitteilung. "Als Christen steht bei uns die Menschenwürde im Mittelpunkt. Wir machen da ein Kreuz, wo man sich für Menschenrechte einsetzt", sagt CPH-Akademiedirektor Siegfried Grillmeyer. Wählen sei nicht nur ein Recht, sondern auch ein Privileg, an der Demokratie mitzuwirken.
Menschenwürde steht im Mittelpunkt
"Wir dürfen wählen und wir können wählen", stellt auch der Pfarrer an der evangelischen St. Johanniskirche in Nürnberg, Ulrich Willmer, fest. Er feiert mit dem Demokratiepakt "Zammrüggn" am Sonntag (2. Februar, 10 Uhr) einen Gottesdienst in der Friedenskirche. Dieser steht unter dem Motto "Für die Menschenwürde, für Nächstenliebe, für den Zusammenhalt - mit Herz und Verstand". In der vergangenen Woche seien im Bundestag Entscheidungen getroffen worden, die zeigten, "dass die Kirche klar Position beziehen muss", sagte Pfarrer Ulrich Willmer dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er wird im Gottesdienst die Predigt zusammen mit "Zammrüggn"-Vorständin Brigitte Wellhöfer halten.
Nicht zur Wahlbeteiligung, sondern zur Teilnahme an Demonstrationen für Demokratie und gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft ruft der Paritätische Bezirksverband Niederbayern/Oberpfalz auf. "Vielfalt, Offenheit und Toleranz" seien die drei Prinzipien, unter denen sich mehr als 50 Mitgliedsorganisationen im Bezirksverband des Paritätischen zusammengeschlossen hätten. Diese Leitlinien würden im aktuellen Wahlkampf durch rechtsextreme und rechtspopulistische Äußerungen angegriffen, teilt der Verband am Freitag mit und forderte zur Teilnahme an Demonstrationen am 2. Februar in Regensburg und am 8. Februar in München auf.
Es brauche Lösungen für die "großen Herausforderungen der Zukunft", heißt es weiter. Stattdessen werde Wahlkampf gemacht", zunehmend auf Kosten von Minderheiten und benachteiligten Bevölkerungsgruppen". Dadurch würden "Ängste geschürt und Stigmatisierung bewusst gefördert". Der Paritätische forderte die demokratischen Parteien in seiner Mitteilung auf, die Menschenwürde zu achten, die soziale Daseinsvorsorge ausreichend zu finanzieren und Migration als Chance wahrzunehmen.