Chile: Parlament billigt Rentenreform

Chile: Parlament billigt Rentenreform

Santiago de Chile, Valparaíso (epd). Das chilenische Parlament hat eine Reform des aktuellen Rentensystems beschlossen. 110 der 155 Abgeordneten stimmten am Mittwochabend (Ortszeit) für eine Erhöhung der Abgaben auf 8,5 Prozent des Lohns, strengere Auflagen für private Versicherungsgesellschaften und eine Ausweitung der staatlichen Subventionen für Rentner, die von Armut betroffen sind. Eine staatliche Versicherungsgesellschaft soll zudem einen Teil der Abgaben verwalten, um die höhere Lebenserwartung von Frauen auszugleichen und die aktuellen Rentenbezüge zu erhöhen.

Die Ministerin für Arbeit und soziale Wohlfahrt, Jeanette Jara, bezeichnete das Abstimmungsergebnis als einen „Erfolg, denn wir haben es geschafft, eine Tür zu öffnen, die von den Versicherungsgesellschaften über 40 Jahre lang zugehalten wurde“. Dagegen kritisierte der ultrarechte Parlamentarier Johannes Kaiser die staatlichen Umverteilungsmechanismen als „unverständlich, denn die Ärmsten werden den Staat, ein großes Tier, füttern müssen“, sagte Kaiser während der Debatte im Parlament. Das Gewerkschaftsbündnis für ein neues Rentensystem „No + AFP“ kritisierte die Reform als „unzureichend“, da sie weiterhin auf privaten Versicherungsgesellschaften basiere, die bereits bewiesen hätten, keine ausreichenden Renten zu zahlen.

Die Rentenreform war eines der wichtigsten Wahlversprechen der Links-Regierung unter Präsident Gabriel Boric. Das ursprüngliche Gesetzesprojekt sah eine Neugründung des Systems vor, bei der eine solidarische und öffentliche Basisversicherung geschaffen worden wäre. Nach starkem Druck von Versicherungsgesellschaften und Opposition rückte die Regierung jedoch von diesem Vorhaben ab.

Das chilenische Rentensystem wurde während der Militärdiktatur von 1973 bis 1990 geschaffen und basiert auf privaten Rentenkassen, die im Auftrag der Versicherten die Einzahlungen anlegen. Verluste können dabei direkt auf die Versicherten übertragen werden. Laut einer Studie des gewerkschaftsnahen Think-Tanks Fundación Sol erhält die Hälfte der Rentner derzeit weniger als 170 Euro monatlich von den privaten Versicherungsgesellschaften. Der Staat stockt die Renten auf etwa 350 Euro auf. Mit der Reform soll der ausgezahlte Betrag um etwa 100 Euro steigen.