Tödlicher Messerangriff lässt Asyl-Debatte im Wahlkampf aufflammen

Tödlicher Messerangriff lässt Asyl-Debatte im Wahlkampf aufflammen
Unter die Trauer nach der Messerattacke in Aschaffenburg mischen sich einen Monat vor der Bundestagswahl verschärfte politische Forderungen in der Asylpolitik. Der Tatverdächtige kam auf richterliche Anordnung in eine psychiatrische Einrichtung.

Aschaffenburg (epd). Die Messerattacke in Aschaffenburg mit zwei Toten hat den politischen Streit um die Asylpolitik befeuert. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte am Donnerstag eine verschärfte Migrationspolitik. Die Leitlinien müssten „Null Toleranz“ und „Null Kompromiss“ sein. Die Bundesregierung sieht dagegen die Behörden in Bayern in der Verantwortung. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, es müsse aufgeklärt werden, warum der Mann noch auf freiem Fuß war.

Am Mittwoch waren bei einer Messerattacke ein Kita-Kind und ein Mann mit einem Küchenmesser getötet worden. Tatverdächtig ist ein offenbar psychisch kranker 28-jähriger Afghane.

Söder sagte, er sei tief betroffen von den Morden. Eine Attacke auf kleine Kinder sei mit das „schäbigste und ekligste Verbrechen“, das man sich vorstellen könne. „Wir müssen mehr Entschlossenheit zeigen“, sagte er mit Blick auf die Anschläge von Mannheim, Solingen und Magdeburg im vergangenen Jahr. Der CSU-Politiker forderte einen Monat vor der Bundestagswahl unter anderem eine konsequentere Abschiebung von ausreisepflichtigen und straffälligen Asylbewerbern. Wer ausreisepflichtig ist, müsse in Arrest kommen. Außerdem müsse die illegale Migration massiv begrenzt werden, unter anderem durch Zurückweisungen an der Grenze.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entgegnete am Donnerstag am Rande eines Wahlkampftermins in Erfurt, die Bundesregierung habe mit Gesetzen die Möglichkeiten für Abschiebungen erleichtert. „Aber es gibt erkennbar ein erhebliches Vollzugsdefizit“, fügte er unter Anspielung auf die Verantwortung der Bundesländer hinzu.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht die Verantwortung in Bayern. „Die weitere Aufklärung muss jetzt schnell zeigen, warum dieser Täter noch in Deutschland war und wie mit ihm trotz seiner vorherigen Gewalttaten durch die Polizei und Justiz vor Ort umgegangen wurde“ und weshalb er „noch auf freiem Fuß“ gewesen sei, sagte sie: „Offenbar sind in Bayern da auch einige Dinge schiefgelaufen.“

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wies Kritik der Bundesregierung an den bayerischen Behörden zurück. Die Verantwortung für den Afghanen habe beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gelegen, also bei einer Bundesbehörde.

Faeser begrüßte wiederum die Ankündigung aus Bayern, ein konsequenteres Vorgehen gegen psychisch kranke Gewalttäter zu prüfen. „Dieser Fall zeigt leider erneut, dass es bitter nötig ist“, sagte sie am Donnerstag in Berlin. Zuständig seien die Landesbehörden und die Justiz.

Unterdessen stehen bei den Menschen in Aschaffenburg die Bewältigung der Trauer im Mittelpunkt - und das Zusammenrücken der Stadtgesellschaft. Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD) warnte vor Hass und Hetze: „Wir können und dürfen die Tat eines Einzelnen niemals einer ganzen Bevölkerungsgruppe anrechnen.“ Die furchtbare Tat eines Einzeltäters dürfe „keine Spirale der Gewalt und des Hasses in Gang setzen“.

Die Kirchen planen für Sonntag einen Gedenkgottesdienst für die Opfer und deren Angehörige. Bis auf Weiteres stehen am Tatort im Schöntal-Park auch Notfallseelsorger der beiden großen Kirchen zu Gesprächen bereit.

Der tatverdächtige 28-Jährige wurde unterdessen am Donnerstagnachmittag der Ermittlungsrichterin am Amtsgericht Aschaffenburg vorgeführt, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Abend gemeinsam mitteilten. Die Richterin habe auf Antrag der Anklagebehörde einen Unterbringungsbefehl wegen zweifachen vollendeten und zweifachen versuchten Mordes jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung erlassen. Der Mann befinde sich bereits in einer psychiatrischen Einrichtung.

Der Afghane soll am Mittwochmittag in dem Park unvermittelt eine Kita-Gruppe mit einem Küchenmesser angegriffen haben. Dabei wurden ein zweijähriger marokkanischer Junge und ein zu Hilfe eilender 41-jähriger deutscher Mann tödlich verletzt. Zudem wurden ein zweijähriges syrisches Mädchen, eine 59-jährige deutsche Erzieherin sowie ein 72-jähriger Passant verletzt. Bei dem fünften Opfer dauern laut Polizei und Staatsanwaltschaft die Ermittlungen zum genauen Tatgeschehen und der Entstehung der Verletzungen noch an.