Eine erhebliche Mitschuld an diesem Missstand tragen zumindest mittelbar ausgerechnet jene, die ihn in Zukunft ausbaden müssen: Würde aus den gängigen Spielwarenläden sämtliches Plastikspielzeug verschwinden, wären die Regale wie leergefegt. Genau dies ist das Ziel einer verschwörerischen Kleingruppe mit dem Kampfnamen "Parents against Krempel" (PAK). Ihre subversiven Aktionen richten sich gegen einen Konzern mit riesigen Umsätzen.
Was für eine Filmidee! Und welch’ eine Unverfrorenheit von Thomas Mraz, der das Drehbuch gemeinsam mit Klaus Eckel verfasst hat und auch die Hauptrolle spielt, im Grunde eine ganz andere Geschichte zu erzählen: Der Wiener Fotograf Stefan Steindl wird zwar in der Tat zum PAK-Mitglied, und natürlich bezieht sich der Titel "Eigentlich sollten wir" auf die Erkenntnis, dass dringender Handlungsbedarf besteht, doch das gilt nicht nur für den Kampf gegen die Plastikschwemme, sondern auch für Stefans Ehe: Auf den ersten Blick sind die Steindls mit ihren drei lebhaften Kindern eine Bilderbuchfamilie, aber die Krise zwischen den Eltern ist nicht zu übersehen. Früher war Stefan bei jeder Demo dabei, als Fotograf wie auch als Sympathisant, doch vom einstigen Revoluzzer ist nicht mehr viel übrig geblieben. Dass Gattin Marion (Marleen Lohse) als freie Grafikerin bedeutend mehr verdient als er, nagt sichtlich an seinem Selbstbewusstsein. Von beruflicher oder gar künstlerischer Selbstverwirklichung kann bei seinen Auftragsarbeiten ohnehin keine Rede mehr sein.
Neuer Schwung kommt ins Stefans Leben, als er im Krankenhaus Ferry (Roland Düringer) kennenlernt. Bislang richtet sich das Engagement des Tüftlers vor allem gegen die Wegwerfmentalität der Menschen: Seiner Ansicht nach haben alle Dinge ein Recht darauf, repariert zu werden. Sein Protest gegen den potenziellen Müll im Kinderzimmer beschränkt sich darauf, die Verpackungen in den Läden von "Kids and Toys" mit kleinen Aufklebern zu versehen. Die Sticker zeigen eine diabolisch grinsende Teufelsfratze, ergänzt um den Hinweis "Ich bin aus Plastik". Stefan sorgt dafür, dass die Gruppe fortan strategisch und in größerem Stil vorgeht. Durch ein Video, das ihn dank eines Schweißerhelms wie Darth Vader wirken lässt, wird PAK schlagartig bekannt und Stefan mit seiner Devise "Klimaschutz statt Plastikschmutz" prompt zum YouTube-Star. Als Konzernchefin Krüger (Aglaia Szyszkowitz) ausgerechnet Marion engagiert, um eine Kinderzeitung zu produzieren, die selbstredend eine verkappte PR-Postille ist, steht das Ehepaar plötzlich auf verschiedenen Seiten. Weil die jungen PAK-Mitglieder den Konzern-Server attackieren und später auch noch Krügers Toyboy (Navid Navid) entführen, gilt die Initiative prompt als Terrorzelle. Der Film beginnt mit Stefans Verhaftung; bei der Befragung erzählt er, wie alles angefangen hat.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
"Eigentlich sollten wir" zeichnet sich durch viele lobenswerte Aspekte aus: die agile Kamera (Thomas Kürzl), die temporeiche Musik (Patrik Lerchmüller), die flotte Inszenierung durch "Vorstadtweiber"-Regisseur Harald Sicheritz. Sehr wohltuend ist auch der Verzicht auf den erhobenen Zeigefinger. Die Autoren haben zwar ein Anliegen, aber mindestens gleichwertig ist der Vorsatz, das Publikum unterhalten zu wollen. Deshalb wird die Absicht witzig verpackt, zumal die PAK-Aktionen immer anarchischer werden. Ungleich effektvoller als die Aufkleber ist zum Beispiel die Idee, sprechendes Action-Spielzeug mit eindeutigen Botschaften zu versehen ("Ich bin der Verschmutzer der Weltmeere"). Weil die großmütterliche Mitstreiterin Gerda (Elfriede Schüsseleder) lieber auf das Motto "Wer auffallen will, muss provozieren" setzt, stellt sich eine wuschelige Katze nicht ganz jugendfrei vor ("Ich bin die Muschi von der Uschi)."
Zu einer rundum gelungenen satirischen Komödie wird der Film durch das ästhetische Konzept. Die Farben sind sehr kräftig, was die Atmosphäre im Haus der Steindls ausgerechnet durch das viele Plastikspielzeug, mit dem Marion den Nachwuchs verwöhnt, kunterbunt, aber auch sehr gemütlich wirken lässt; ganz im Gegensatz zu den giftgrün illuminierten Vernehmungen im Polizeirevier. Viele Szenen wirken zwar, als seien sie im Studio entstanden, aber das ist angesichts der geradezu überschäumenden Fantasie des Drehbuchduos kaum der Rede wert.