Berlin, Frankfurt a.M. (epd). Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) unterstützt den Vorschlag von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Syrerinnen und Syrern einmalige Reisen in ihr Herkunftsland zu ermöglichen, ohne dass sich dies auf ihren Schutzstatus in Deutschland auswirkt. „Niemand geht irgendwohin zurück, wo er nicht weiß, ob die Kinder in die Schule gehen können, es Strom gibt oder einen Zugang zu einem funktionierenden Gesundheitssystem gibt”, sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag in Berlin. Es sei richtig, dass Syrerinnen und Syrer die Lage vor Ort erst einmal “abtesten" zu lassen.
Innenministerin Faeser hatte die einmaligen Reisen von Syrerinnen und Syrern in ihr Heimatland als einen sinnvollen Ansatz, um Flüchtlinge möglicherweise langfristig zur Rückkehr zu bewegen, ins Spiel gebracht. Ihr Ministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) prüften diese Möglichkeit.
Schulze war selbst am Mittwoch nach Damaskus gereist, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen und erste Kooperationsmöglichkeiten auszuloten. So hatte Schulze angekündigt, neue Klinikpartnerschaften zwischen deutschen und syrischen Krankenhäusern aufzubauen. Auf diese Weise könnten sich ihr zufolge syrische Ärztinnen und Ärzte in der deutschen Diaspora in ihrem Heimatland einbringen.
Auch die Organisation Pro Asyl ist davon überzeugt, dass aus Syrien stammenden Menschen in Deutschland eine große Rolle beim Wiederaufbau des Landes spielen könnten. Dies sei aber nur möglich, wenn sie die Sicherheit des Aufenthaltsrechts in der neuen deutschen Heimat nicht verlieren. Deshalb fordert die Organisation, dass Syrerinnen und Syrer in Deutschland nicht nur einmal, sondern mehrfach nach Syrien reisen dürfen, ohne das Aufenthaltsrecht in Deutschland zu verlieren.
Der Geschäftsführer von Pro Asyl, Karl Kopp, gab zu bedenken, dass Flüchtlinge aus der Ukraine zwischen den Ländern hin- und herreisen dürften, auch bosnische Flüchtlinge hätten in den 90er Jahren pendeln dürfen. Entsprechend gestatte etwa die Türkei syrischen Flüchtlingen, mehrere Reisen zu machen, um die Möglichkeit einer Rückkehr herauszufinden. „Eine Rückkehr kann nicht im Schnellschussverfahren erzwungen werden, es muss eine freiwillige Rückkehr im Einklang mit der Menschenwürde geben“, betonte Kopp.
Die Forderung rechter Parteien nach einer Rückführung von syrischen Flüchtlingen nach Syrien verängstige nicht nur Betroffene, sondern auch Eingebürgerte, ergänzte der flüchtlingspolitische Sprecher der Organisation, Tareq Alaows. „Wir gewinnen den Eindruck, wir werden nicht als Einwohner gesehen, sondern nur als Arbeitskraft.“ Viele Syrer und Syrerinnen in Deutschland hätten nach fünf Jahren Bürgerkrieg und knapp zehn Jahren Leben in Deutschland mehr Bindungen in Deutschland als in Syrien, Kinder seien hierzulande aufgewachsen. Sie forderten, als Teil der deutschen Gesellschaft anerkannt zu werden. In Deutschland leben nach amtlichen Angaben knapp eine Million Syrerinnen und Syrer.
Rebellengruppen unter Führung von der islamistischen Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatten Anfang Dezember das diktatorische Regime des Präsidenten Baschar al-Assad gestürzt und den Syrerinnen und Syrern einen Neuanfang versprochen. Der Krieg in Syrien hatte 2011 mit einem Volksaufstand gegen Assad begonnen.