Berlin (epd). Der Anteil von Frauen in den Vorständen und Aufsichtsräten großer deutscher Unternehmen ist weiter gestiegen. Parität sei noch „in weiter Ferne“, aber die Schere schließe sich, sagte Katharina Wrohlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) am Mittwoch. Sie stellte das neue „Managerinnenbarometer“ vor. Seit 2006 analysiert das Institut, wie sich der Anteil von Frauen in Spitzenpositionen großer Unternehmen entwickelt.
Der aktuellen Studie zufolge hatten die 200 umsatzstärksten Unternehmen im vergangenen Jahr ein Drittel ihrer Aufsichtsräte mit Frauen besetzt, bei den 40 Dax-Unternehmen waren es sogar knapp 40 Prozent, wie die Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics beim DIW sagte. Seit 2016 gilt für große börsennotierte und mitbestimmungspflichtige Firmen eine Quote von 30 Prozent für Aufsichtsräte.
Weiterhin niedriger ist die Repräsentanz von Frauen in Vorständen großer deutscher Unternehmen, der Anteil von Vorständinnen wächst aber. Bei den umsatzstärksten 200 Unternehmen lag er im vergangenen Jahr bei 19 Prozent. Das ist ein Plus von 1,6 Prozentpunkten. Bei den Dax-Unternehmen lag der Anteil von Frauen in Vorständen bei gut einem Viertel (26 Prozent). Die höheren Quoten bei den Dax-Unternehmen erklärt sich Wrohlich damit, dass sie unter stärkerer öffentlicher Beobachtung stünden.
Seit 2022 gilt für bestimmte Unternehmen, dass sie eine Mindestbeteiligung von Frauen im Vorstand erfüllen müssen. Inzwischen gebe es kaum noch Unternehmen, die dieser Regelung unterliegen und das nicht erfüllen, sagte Wrohlich. 2024 waren es nach ihren Angaben drei Unternehmen, Ende 2021 waren es noch 19. Deutlich aufgeholt haben laut Untersuchung die Banken. Bei den größten 100 Banken waren im vergangenen Jahr demnach knapp 21 Prozent der Vorstandsposten mit Frauen besetzt.
Erstmals hat das DIW zusätzlich zum Managerinnenbarometer auch die Wahrnehmung von Frauen in Chefetagen der Wirtschaft untersucht. Die Forscherin Virginia Sondergeld hat dafür rund 48.000 Artikel von drei großen überregionalen Zeitungen aus den Jahren 2010 bis 2022 auf klischeehafte Darstellungen untersucht, wobei die Titel nicht genannt wurden.
Die quantitative Textanalyse ergab laut Sondergeld, dass Artikel über Frauen in Chef-Positionen oftmals Begriffe aus dem Bereich Familie enthielten wie „Mutter“, „Tochter“ oder „Erbin“, während sich bei Männern vorrangig Begriffe aus der Wirtschaftsbranche, Kombinationen mit dem Wort „Führung“ oder Zuschreibungen wie „durchsetzen“ gefunden hätten. Das Wort „Boss“ werde quasi nur für Männer verwendet, das einzige Wort aus dem Bereich Familie bei Artikeln über männliche Chefs sei „Patriarch“, sagte Sondergeld.
Der Lebensrealität von Frauen und Männern und Spitzenpositionen werde das nicht gerecht, sagte die Wissenschaftlerin und verwies auf Daten des Sozio-oekonomischen Panel. Danach sind Frauen in Spitzenpositionen seltener verheiratet und haben seltener Kinder als Männer in Spitzenjobs. Trotzdem werde bei Frauen in hohen Führungspositionen der Privatwirtschaft häufiger über deren familiäre Situation berichtet.