Hamburg (epd). Die Ursachen für den Rekordkrankenstand in Deutschland liegen einer Untersuchung zufolge an einem neuen elektronischen Meldeverfahren sowie an starken Erkältungswellen nach der Coronapandemie. Wie aus der am Mittwoch vorgestellten repräsentativen Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit hervorgeht, gab es bei den Fehltagen erstmals von 2021 auf 2022 einen sprunghaften Anstieg um fast 40 Prozent. Ein Drittel der zusätzlichen Fehltage ergab sich seit 2022 durch verstärkte Erkältungswellen und Corona-Infektionen.
Laut Studie führt die neue Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung nicht zu vermehrten Fehltagen. Auch das sogenannte Blaumachen betreiben nach eigenen Angaben nur wenige Beschäftigte. Entscheidend sei vor allem ein statistischer Effekt, verursacht durch die neue elektronische Erfassung der Krankschreibungen, sagte Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit.
Die Debatte um hohe Krankenstände war zuletzt vom Allianz-Chef Oliver Bäte befeuert worden. Er hatte in einem „Handelsblatt“-Interview vorgeschlagen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern am ersten Tag einer Krankmeldung keinen Lohn mehr zu zahlen und den sogenannten Karenztag wieder einzuführen. Dieser Vorschlag stieß bei den Gewerkschaften auf Kritik. Der Karenztag bei Krankmeldungen wurde in den 1970ern abgeschafft.
Mit dem neuen elektronischen Meldeverfahren gehen Arzt-Atteste zur Arbeitsunfähigkeit automatisch bei den Krankenkassen ein. Laut DAK-Studie beträgt der Meldeeffekt damit rund 60 Prozent und mehr und ist somit ein wichtiger Treiber für den Rekordkrankenstand. Ein zweiter wesentlicher Treiber für den sprunghaften Anstieg von 2021 auf 2022 sind Atemwegserkrankungen: Mehr als ein Drittel (35 Prozent) der 564 zusätzlichen Fehltage je 100 Versicherte wurden von Atemwegsinfekten verursacht, für ein Fünftel des Anstiegs waren Corona-Infektionen verantwortlich.
Wie es hieß, stieg die Anzahl der Fehltage der DAK-Versicherten insgesamt von 2021 auf 2022 um 37,6 Prozent deutlich an. Bezogen auf 100 Versicherte waren es von einem auf das andere Jahr 546 Ausfalltage mehr. Die Anzahl durchschnittlicher Fehltage pro Kopf und Jahr stieg von etwa 15 Tagen in früheren Jahren auf rund 20 Tage an und verharrt seitdem auf diesem hohen Niveau.
Die DAK-Gesundheit versichert nach eigenen Angaben bundesweit 5,5 Millionen Menschen. Im Auftrag der Krankenkasse hat das IGES Institut die Daten von 2,4 Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten aus den Jahren 2019 bis einschließlich 2023 ausgewertet und bundesweit mehr als 7.000 Erwerbstätige repräsentativ durch Forsa befragt.