Ökonom: Verzahnung gesetzlicher und privater Pflegeversicherung nötig

Ökonom: Verzahnung gesetzlicher und privater Pflegeversicherung nötig
04.01.2025
epd
epd-Gespräch: Nils Sandrisser

Berlin (epd). Der Wirtschaftswissenschaftler Peter Haan hält eine Verzahnung von gesetzlicher und privater Pflegeversicherung für notwendig. „Die Daten zeigen, dass Menschen mit geringerem Einkommen, die in der Regel gesetzlich versichert sind, länger pflegebedürftig sind als Menschen mit höheren Einkommen“, sagte Haan dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Wenn man beide Versicherungen zusammenführen würde, könnten die Kosten für die gesetzliche Versicherung reduziert werden.“ Haan ist Professor für empirische Wirtschaftsforschung an der Freien Universität Berlin. Er leitet außerdem beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die Abteilung Staat.

Die Verzahnung von gesetzlicher und privater Pflegeversicherung sei neben Pflegebeiträgen und Steuermitteln ein dritter Baustein, der bei einer Reform berücksichtigt werden müsse, sagte Haan. Dies könne durch eine Bürgerversicherung oder durch Ausgleichszahlungen geschehen.

Seit Jahresbeginn zahlen Beschäftigte in Deutschland mehr Pflegebeiträge. Der allgemeine Beitragssatz stieg von 3,4 auf 3,6 Prozent, für Kinderlose gibt es Zuschläge, für Eltern Abschläge. Haan sagte, diese Beitragserhöhung sei notwendig gewesen, da andernfalls die Pflegeversicherung ihre Leistungen nicht mehr finanzieren könne. Sie reiche allerdings nur zu einer kurzfristigen Stabilisierung aus. Strukturelle Reformen in der Pflege sei eines der wichtigsten Themen für eine neue Bundesregierung.

Kurzfristig sehe er keine Möglichkeit, um Kosten bei der Pflege zu reduzieren, sagte Haan: „Wenn wir eine auskömmliche, gute Pflege bereitstellen wollen, können wir nicht kürzen, sondern müssen in den Bereich Pflege mehr investieren.“

Langfristig sei die Prävention von Pflegebedürftigkeit enorm wichtig. „Wir dürfen nicht nur an dem jetzigen System herumdoktern, sondern müssen Maßnahmen ergreifen, damit die Wahrscheinlichkeit einer Pflegesituation geringer ist und deren Dauer kürzer“, sagte der Ökonom. Derzeit ist nach Haans Worten das individuelle Risiko, ein Pflegefall zu werden, höher als die Risiken, arbeitslos zu werden oder schwer zu erkranken.

Prävention koste allerdings kurzfristig Geld. Investitionen in die Gesundheit nutzten aber nicht nur der Pflegekasse, sondern auch den Kranken- und Rentenkassen, erklärte Haan: „Denn je mehr wir in Gesundheit investieren, desto länger bleiben die Menschen gesund und können in die Kassen einzahlen.“