Gummienten-Rabbiner und betende Barbies

Gummi-Enten gestaltet als Rabbiner
epd-bild/Julia Riese
In einer aktuellen Ausstellung des Jüdischen Museums dreht sich alles um religiösen Kitsch. Gezeigt werden zum Beispiel Chanukka-Leuchter mit Prinzessinnen und schmalzige Souvenirs.
Religiöser Kitsch in Franken
Gummienten-Rabbiner und betende Barbies
In einer aktuellen Ausstellung des Jüdischen Museums dreht sich alles um religiösen Kitsch. Gezeigt werden zum Beispiel Chanukka-Leuchter mit Prinzessinnen und schmalzige Souvenirs.

Die Barbiepuppe in einer Vitrine des Jüdischen Museums in Schwabach hat keinen Minirock und keine High Heels an, sondern einen bodenlangen Rock und einen Pullover mit langen Ärmeln. Statt einer Handtasche trägt sie als Accessoires einen Gebetsmantel, einen Gebetsriemen und auf dem Kopf eine Gebetskapsel für handgeschriebene Texte. Ein ungewöhnliches Bild nicht nur, weil so keine klassische Barbie aussieht: "Sie zeigt, dass Frauen genau dieselben Dinge machen können wie religiöse jüdische Männer", sagt Daniela F. Eisenstein, die Direktorin des Jüdischen Museums Franken mit Hauptsitz in Fürth.

Viele traditionelle und orthodoxe Ausrichtungen des Judentums unterstützen die Ausbildung von Rabbinerinnen sowie das Talmudstudium von Frauen nicht. Außerdem haben Frauen nicht dieselben religiösen Verpflichtungen, was das regelmäßige Gebet angeht. "Die Begründung ist, dass Frauen in der klassischen Rollenverteilung die Verantwortung für die Erziehung der Kinder tragen", erklärt Eisenstein. Man wolle ihnen daher keine zusätzlichen Pflichten auferlegen. In eine Welt, in der Care-Arbeit in Beziehungen geteilt wird, passe dieses Rollenklischee nicht mehr - und genau das zeige die Puppe.

"Die Frau lebt angesichts der Gebetskleidung traditionell und führt dieselben religiösen Pflichten aus wie die Männer. Aber sie hat auch blaue Haare und trägt Lippenstift." Sie werde so zum Ausdruck jüdisch-feministischer Religiosität. Eine Vitrine weiter stehen drei Figuren, die eine weit weniger politische Botschaft aussenden: Es sind Gummi-Enten, die wie Rabbiner aussehen - mit Bart und Zylinder. Sie passen perfekt zum Motto der Ausstellung, die noch bis September 2025 im Museum zu sehen ist.

"Religiöser Kitsch schlägt eine Brücke zwischen der Gegenwart und jahrhundertealten Traditionen."

"Kitsch - Sehnsucht nach Jiddischkeit" soll zeigen, welche Bedeutung Kitsch im jüdischen Alltag hat. "Das jüdische Leben ist ja sehr vielfältig", sagt Eisenstein. "Wir haben vom Reformjudentum bis zu den Ultraorthodoxen alle Schattierungen." Religiöser Kitsch schlage eine Brücke zwischen der Gegenwart und jahrhundertealten Traditionen. In der Ausstellung finden sich Briefbeschwerer aus Olivenholz mit geschnitzten religiösen Motiven, die um 1900 als schmalzige Souvenirs aus Israel mitgebracht wurden und die es in kaum veränderter Form heute noch als Mitbringsel gibt.

Religiöser Kitsch schlage eine Brücke zwischen der Gegenwart und jahrhundertealten Traditionen, so die Direktorin des Jüdischen Museum Franken, Daniela Eisenstein.

Aus den 2000ern stammt ein Schlüsselanhänger aus Plastik, aus dessen kleinem Lautsprecher auf Knopfdruck ein entsprechendes Gebet erklingt, das religiöse Juden vor dem Verzehr von Früchten, Gebäck oder Getränken sprechen. "Dieser Anhänger ist als Unterstützung für Kinder, Jugendliche oder auch Erwachsene gedacht, die gerade diese Gebete lernen", so Eisenstein.
Prädestiniert für Kitsch sind natürlich Feiertage. Zu Chanukka, dem jüdischen Lichterfest, das an die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem erinnert, kommt der Chanukka-Leuchter mit Platz für acht Kerzen und einen Leuchter als Anzünder zum Einsatz.

Diese Leuchter gibt es für jeden Geschmack: mit Sportmotiven, High Heels oder komplett in Pink, mit acht Barbie-Prinzessinnen. Auch einen Leuchter in Regenbogenfarben mit der Aufschrift "Love wins" gibt es in der Ausstellung. Der Hersteller spendet den Kauferlös an gemeinnützige Organisationen, die queere Jugendliche unterstützen. Noch im 19. Jahrhundert galt Kitsch als anbiedernd und wurde eher negativ betrachtet, erzählt Eisenstein. Spätestens im 21. Jahrhundert ist Kitsch irgendwie auch Kult. Viele der Ausstellungsobjekte stammen aus den USA.

"Dort gibt es viel mehr Jüdinnen und Juden als in Deutschland, deswegen wird dort mehr produziert", so Eisenstein. Die Produkte seien aber auch in Deutschland sehr beliebt. "In Israel wird auch viel Kitsch hergestellt. Wir bekommen oft Souvenirs geschenkt, wenn Leute ihre Keller ausmisten - mittlerweile müssen wir viel ablehnen", sagt die Museumsdirektorin mit einem Lachen. So sei auch die Idee für die Ausstellung entstanden: "Es ist jüdische Gegenwart, die wir hier sammeln."