Berlin (epd). Die deutschen Wahlberechtigten entscheiden bereits am 23. Februar über einen neuen Bundestag. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verkündete am Freitag in Berlin seine Entscheidung, den Bundestag vorzeitig aufzulösen, sowie offiziell den bereits geplanten Neuwahltermin. Gerade in schwierigen Zeiten wie jetzt würden Stabilität und damit eine handlungsfähige Regierung und verlässliche Mehrheiten im Parlament gebraucht, begründete Steinmeier seine Entscheidung.
Die jetzige Regierung verfüge über keine Mehrheit mehr und auch für eine anders zusammengesetzte Regierung erkenne er keine Mehrheiten, sagte Steinmeier, der sich in der vergangenen Woche mit den Spitzen der Fraktionen und Gruppen im Bundestag zu Gesprächen getroffen hatte. „Deshalb bin ich überzeugt, dass zum Wohle unseres Landes Neuwahlen jetzt der richtige Weg sind“, sagte das Staatsoberhaupt.
Steinmeier folgt mit der Entscheidung zur Auflösung des Bundestags dem Vorschlag von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der nach dem Bruch der Ampel-Koalition am 16. Dezember im Bundestag die Vertrauensfrage gestellt und keine Mehrheit erhalten hatte. Scholz wollte damit den Weg für eine frühere Neuwahl ebnen. Regulär wäre die aktuelle Wahlperiode noch bis September 2025 gegangen. Nach einer vorzeitigen Auflösung des Bundestags muss eine Neuwahl laut Grundgesetz binnen 60 Tagen stattfinden.
Bis zur Neuwahl besteht der aktuelle Bundestag weiter und kann trotz „Auflösung“ auch noch Beschlüsse fassen. Für Januar und Februar sind noch Plenarsitzungen angesetzt. Auch die nach dem Ampel-Aus verbliebene Regierung aus SPD und Grünen unter Kanzler Scholz bleibt bis zur Neuwahl regulär, nach der Wahl bis zur Vereidigung eines neuen Kabinetts geschäftsführend weiter im Amt.
Die Demokratie funktioniere auch in Zeiten des Übergangs, sagte Steinmeier. Er wünsche sich, dass die Stärke der Demokratie auch im jetzt beginnenden Wahlkampf sichtbar werde, ergänzte er. Der Bundespräsident appellierte an die Parteien, den anstehenden Wahlkampf fair zu führen.
Nach den langen parteipolitischen Auseinandersetzungen über das Ob und Wie von Neuwahlen sei es „jetzt an der Zeit, dass das Problemlösen wieder zum Kerngeschäft von Politik wird“, sagte Steinmeier. Die Bürgerinnen und Bürger erwarteten „tragfähige Vorschläge für unser Land, das sich in schwieriger Zeit behaupten muss“. „Und ich glaube, sie verstehen, dass auch Prioritätensetzungen und schmerzhafte Wahrheiten dazugehören“, ergänzte Steinmeier.
Zuspitzungen und Schärfe seien im Wahlkampf erlaubt, aber er erwarte auch Respekt und Anstand, sagte Steinmeier, „schon allein deshalb, weil nach der Wahl die Kunst des Kompromisses gefragt sein wird, um eine stabile Regierung zu bilden“. Auch Hass und Gewalt dürften im Wahlkampf keinen Platz haben. An die Wählerinnen und Wähler gerichtet sagte Steinmeier, es liege an ihnen, darüber zu entscheiden, „welchen Weg wir in den nächsten Jahren gemeinsam gehen werden“.
Auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), die am Freitag per formellem Schreiben über die Entscheidung des Bundespräsidenten informiert wurde, forderte einen fairen Wahlkampf. Unterschiedliche Positionen müssten deutlich gemacht werden. „Aber Verunglimpfungen und persönliche Beleidigungen sind inakzeptabel“, erklärte Bas. Die Menschen erwarteten auch bei strittigen Themen eine sachliche und faire Auseinandersetzung.