Oberursel (epd). Der Salzburger Ostkirchen-Experte Dietmar Winkler hat vor der Erwartung gewarnt, dass sich in Syrien nach dem Sturz von Baschar al-Assad ein demokratischer Staat nach westlichen Vorstellungen entwickeln wird. Dafür gebe es nach Jahrzehnten der Assad-Diktatur „weder historische Vorbilder noch Anknüpfungspunkte“, sagte der Professor für Kirchengeschichte der zweiwöchentlich erscheinenden Zeitschrift „Publik-Forum“.
Es sei darum auch „grotesk“, wenn schon jetzt gefordert werde, syrische Flüchtlinge zurückzuschicken. „Das ist weder gerechtfertigt noch besonders geistreich“, sagte Winkler. Natürlich würden syrische Flüchtlinge aus dem Libanon zurückkehren, wo eine Million Syrer ausharrten, oder aus der Türkei, wohin vier Millionen Syrer geflohen seien. Aber in Österreich und in Deutschland lebten viele Syrer schon seit zehn Jahren. Diese hätten andere Perspektiven, viele seien integriert und hätten Arbeit.
Zur Lage der Christen in Syrien erklärt der Kirchenhistoriker, es gebe Anzeichen, dass auch Christen dort eine Zukunft haben. Er hoffe sehr, dass die neuen Machthaber von den Kurden im Nordirak lernten. Dort seien Minderheiten wie Drusen, Jesiden und Christen relativ gut geschützt.
Die meisten syrischen Christen gehörten zur griechisch-orthodoxen Kirche und damit zum Patriarchat von Antiochien. Daneben gebe es die syrisch-orthodoxen Christen, die man aber nicht als Nationalkirche verstehen dürfe. Ihr Name gehe auf eine altchristliche aramäische Tradition zurück. In derselben Tradition stünden die katholischen Chaldäer und Maroniten. Schließlich lebten im Land auch armenisch-katholische und armenisch-orthodoxe Christen.