"kreuz.setzen" gegen rechte Gesinnung

Demonstrationen für die Demokratie wird auf Smartphone gefilmt.
Katharina Pfuhl
Auf den Sozialen Medien will "kreuz.setzen" die Menschen zum politischen Engagement bewegen
Kirchliche Initiative zur Bundestagswahl
"kreuz.setzen" gegen rechte Gesinnung
Das christliche Kollektiv "kreuz.setzen" will sich auf Instagram für Demokratie und politisches Engagement gegen rechte Bewegungen einsetzen. Wie die Initiative gegen Politikverdruss und für mehr Partizipation kämpfen will, erklärt Elinor Hoeke im Interview mit evangelisch.de.

"kreuz.setzen" - so heißt ein neues christliches Kollektiv, das sich für Demokratie und politisches Engagement einsetzen will. Am 16.12. geht ihr Instagram-Kanal an den Start. Evangelisch.de sprach mit der Studentin Elinor Hoeke darüber, was bis zur Bundestagswahl geplant ist, was christlicher Glaube mit Politik zu tun hat und was die Kirchen für die Demokratie tun können.

Auf dem Instagram-Account beschreibt sich Ihr Projekt als "christlich, demokratisch, wählerisch". Was steckt hinter "kreuz.setzen"?

Elinor Hoeke: Kreuz.setzen ist ein Initiative mit christlichem Hintergrund. Wir wollen  Menschen in den Kirchen für Demokratie begeistern. Besonders mit Blick auf das evangelikale/freikirchliche Milieu wollen wir daran erinnern: "Demokratie ist christlich." Wir sehen dort oft Skepsis gegenüber der Demokratie. Das ist paradox, denn Freikirchen, wie die der Baptisten und Methodisten, verwalten sich schon länger demokratisch als die Bundesrepublik existiert. Das Anliegen hat uns zusammengebracht.

Wer sind die Menschen hinter dem Projekt?

Hoeke: Wir sind eine diverse Gruppe, kommen aus evangelischen Landeskirchen, Freikirchen und der katholischen Kirche. Wir sind alle mit Social Media aktiv, das verbindet uns. Bei uns sind quasi alle Altersgruppen vertreten, als Studentin gehöre ich zu den Jüngeren. Wir kommen von überall her - ich aus Bochum, andere aus Baden-Württemberg oder Frankfurt. Wir haben auch Leute aus der Schweiz dabei. Demokratie ist nicht nur ein deutsches Thema. Bisher planen wir zwar nur bis zur Bundestagswahl, aber das muss nicht das Ende sein.

"Es gibt Kirchen, die Demokratie schon lange leben"

Das Projekt ist also ehrenamtlich?

Hoeke: Ein Teil von uns ist zwar für Kirchen tätig, aber für das Projekt engagieren wir uns alle ehrenamtlich, ja.

Seit wann gibt es dieses Initiative?

Hoeke: Schon im letzten Jahr haben wir als größere Vernetzungsgruppe angefangen. Als im Herbst dann absehbar war, dass die Bundestagswahl viel früher kommt als gedacht, hat sich ein kleineres Kollektiv zusammengefunden und beschlossen: Jetzt müssen wir was machen!

Am 16. Dezember geht es mit kreuz.setzen offiziell los. Was ist geplant?

Hoeke: Die Kampagne startet auf Instagram mit einem Sharepic. Wir wollen Menschen die Möglichkeit geben, von sich zu erzählen: "Ich setzte mein Kreuz, weil…". Wir haben auch kleine Bibelarbeiten vorbereitet und machen kirchenhistorische Rückblicke. Wie erwähnt, gibt es Kirchen, die Demokratie schon sehr lange leben.

"Es geht darum, aus dem ewigen Dagegen-Sein auszusteigen"

Glauben Sie, dass Demokratie zu wenig gelebt wird?

Hoeke: Ja, das ist eine unserer Einsichten. Wir leben in einer Zeit, in der viel verwaltet wird und Politik zynisch erscheint. Viele wählen zwar, aber identifizieren sich nicht mehr mit den Parteien. Wir Christen wollen Hoffnung bringen und ein Zeichen gegen den Zynismus setzen. Demokratie zu leben und Begeisterung für sie zu entwickeln ist da wichtig.

Wie konkret soll Demokratie gelebt werden?

Hoeke: Ohne Erwartungen an Politik und Parteien sind wir in diese Situation geraten. Wenn wir nichts erwarten, liefern Politiker auch nichts. Wir müssen wieder Erwartungen haben, bewusst wählen und sagen: "Meine Stimme ist wichtig." Wenn das allen wichtig ist, setzen wir ein Zeichen. Wie es weitergeht, wissen wir nicht. Es geht darum, ein Gefühl dafür zu entwickeln, dass wir Einfluss haben. Es ist nicht egal, wen wir wählen.

Ergibt sich aus "kreuz.setzen" eine konkrete Wahlempfehlung?

Hoeke: Nein, wir bei "Kreuz.setzen" sind parteipolitisch unabhängig, deswegen wollen wir auch nicht für eine oder mehrere Parteien Wahlkampf machen. Uns geht es darüber hinaus auch darum, aus dem ewigen Dagegen-Sein, welches unseren politischen Diskurs beherrscht, sei es gegen die Grünen oder gegen Rechts, auszusteigen und endlich wieder für etwas zu stehen. Wir wollen für Demokratie, Verantwortung und Nächstenliebe stehen. Deswegen wollen wir die Menschen ermutigen, darüber nachzudenken wie ihre Wahl das Leben ihrer Mitmenschen beeinflusst. Wir wollen ermutigen für die mit zu wählen, die keine Stimme in unserer Demokratie haben, oder deren Stimme oft nicht gehört wird. Dafür steht "kreuz.setzen".

"Demokratie kann man auch in der Gemeinde üben"

Was kann die Kirche für die Demokratie tun? Was können Christen unabhängig davon tun?

Hoeke: Demokratie kann man im Kleinen üben. Kirche kann ein Raum sein, um Demokratie zu praktizieren und Entscheidungen demokratisch zu treffen. Nicht nur als große Institution, sondern auch in der Gemeinde. Sie kann zur Demokratiebildung beitragen, indem sie informiert und mündige Entscheidungen fördert. Das ist wichtig, und bei uns soll es auch Anleitungen geben, wie das in Gemeinden konkret aussehen kann. Kirche kann Hoffnung und Perspektiven für die Gesellschaft bieten. In der Politik fehlt es oft an Visionen. Kirche kann hier ein Faktor sein.

Beinhaltet christlich sein also auch den Auftrag für politisches Engagement?

Hoeke: Ich finde: Ja, auf jeden Fall! Unsere Grundwerte rufen uns dazu auf, in unserem Glauben sich nicht nur mit uns selbst zu beschäftigen, sondern uns auch der Welt und der Gesellschaft zuzuwenden. Wir können nicht nur gucken, dass mit unserem eigenen Heil im Himmel alles stimmt, sondern sind auch zur Nächstenliebe verpflichtet. Deshalb ist unsere Botschaft: Meine Stimme zählt und beeinflusst mein Leben und das meiner Mitmenschen. Das sollte man ernst nehmen und sein Kreuz setzen.