Berlin (epd). Grüne und SPD haben am Freitag im Bundestag an die Opposition appelliert, das Gesetz für mehr Frauenhausplätze noch vor den für Ende Februar geplanten Neuwahlen zu verabschieden. Die Union warf hingegen Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) vor, wertvolle Zeit vertan zu haben und nun der Opposition die Schuld für das mögliche Scheitern des Gesetzes zuschieben zu wollen. Nach dem Ampel-Aus hat die rot-grüne Regierung keine Mehrheit mehr und ist für das Gesetz auf die Zustimmung der Union abgewiesen.
Paus forderte die Opposition auf: „Lassen Sie uns das vorliegende Gewalthilfegesetz beschließen.“ Es werde die Zahl der Frauenhausplätze deutlich erhöhen. „Das Gesetz wird Leben retten“, sagte Paus. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann, sagte zum Auftakt, allein während der Dauer der Debatte würden statistisch gesehen 23 weitere Frauen Opfer von Gewalt. Sie würden geschlagen, missbraucht, psychisch gequält oder sogar getötet. „Das alles erleben Frauen und Mädchen in diesem Land“, sagte Haßelmann. Der Staat sei in der Verantwortung, den Frauen Schutz zu bieten. „Das sollten wir jetzt entscheiden“, appellierte Haßelmann an die Opposition.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Dorothee Bär (CSU), zeigte sich gesprächsbereit, warf Frauenministerin Paus aber vor, jahrelang nicht gehandelt zu haben und viel zu spät auf die Opposition zugegangen zu sein. Bärs Fraktionskollegin und frauenpolitische Sprecherin Silvia Breher (CDU) verwies darauf, dass die Union selbst ein Gesamtkonzept gegen Gewalt an Frauen vorgelegt habe. Sie forderte Änderungen am Gewalthilfegesetz und verwies darauf, dass die Bundesländer noch ins Boot geholt werden müssten. „Wenn dieses Gesetz nicht zustande kommt, dann liegt es ausschließlich an Ihnen“, sagte Breher an die Adresse von Paus und die Fraktionen von SPD und Grünen.
Dem Entwurf von Paus zufolge soll von 2030 an ein individueller Rechtsanspruch auf Beratung, Hilfe und Schutz eingeführt werden. Umsetzen müssen ihn die Bundesländer. Von 2027 an will der Bund bis 2036 mit 2,6 Milliarden Euro in die Finanzierung einsteigen. Die Länder sollen verpflichtet werden, ein ausreichendes Angebot an Schutzplätzen und Beratungsstellen bereitzuhalten.
Die Gewalt gegen Frauen nimmt weiter zu. Im vergangenen Jahr stiegen im Vergleich zu 2022 die registrierten Sexualstraftaten um 6,2 Prozent und Fälle häuslicher Gewalt um 5,6 Prozent. Die Behörden registrierten 938 Tötungsversuche, 360 Frauen wurden umgebracht. In Frauenhäusern und Schutzwohnungen suchten im vergangenen Jahr rund 14.200 Frauen mit 16.000 Kindern Zuflucht. Rund 15.000 mussten wegen Platzmangels abgewiesen werden.