Erfurt (epd). Das Bundesarbeitsgericht hat den Anspruch von Teilzeitbeschäftigten auf tariflich vereinbarte Überstundenzuschläge erleichtert. Es stelle eine unzulässige Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten dar, wenn die Zuschläge erst beim Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten gezahlt werden, urteilte das Gericht in Erfurt am Donnerstag. (AZ: 8 AZR 370/20)
Gebe es für die tarifliche Überstundenregelung keinen sachlichen Grund und seien beim Arbeitgeber vorwiegend Frauen beschäftigt, liege zudem eine entschädigungspflichtige mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts vor, erklärten die Richter weiter.
Im Streitfall arbeitete die klagende Pflegekraft bei einem ambulanten Dialyse-Anbieter im Umfang von 40 Prozent einer Vollzeitstelle. Der Dienstleister hat den Justizangaben zufolge bundesweit mehr als 5.000 Beschäftigte, mehr als 90 Prozent sind Frauen.
Die Arbeitgeberin hatte sich mit der Gewerkschaft Verdi auf einen Tarifvertrag geeinigt, der für Überstunden einen Zuschlag von 30 Prozent vorsah. Der Zuschlag wurde allerdings erst für Überstunden bezahlt, wenn die regelmäßig monatliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten erreicht wurde.
Die Klägerin sah darin eine unzulässige Benachteiligung. Faktisch könne sie die Zuschläge nicht erhalten, da sie nicht so viel wie ein Vollzeitbeschäftigter arbeite. Ihr stünden noch Zuschläge für über 38 geleistete Überstunden zu. Da besonders viele Frauen in Teilzeit arbeiteten, stelle die tarifliche Regelung eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts dar. Sie verlangte eine Diskriminierungsentschädigung von drei Monatsgehältern.
Das BAG urteilte, die Klägerin müsse die Zuschläge beanspruchen können, sobald sie mehr als ihre vereinbarte Teilzeitstundenzahl arbeite. Zudem liege eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts vor. Da mehr als 90 Prozent der Beschäftigten Frauen seien und diese häufiger in Teilzeit arbeiteten, werde ihnen häufiger der Überstundenzuschlag vorenthalten. Allerdings sei eine Diskriminierungsentschädigung in Höhe von 250 Euro hier angemessen, befanden die Erfurter Richter.