Nürnberg, Bonn (epd). Die Zahl arbeitsloser Menschen mit Behinderung ist gestiegen. Sie beträgt aktuell nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) vom Freitag 176.000 Personen, ein Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent. Das sei eine bedauerliche Entwicklung, zumal der Bedarf an Arbeitskräften in der deutschen Wirtschaft stetig steige, sagte BA-Chefin Andrea Nahles in Nürnberg. Die Aktion Mensch betonte in Bonn das Recht auf Teilhabe: „Inklusion auf dem Arbeitsmarkt darf nicht länger von konjunktureller Entwicklung abhängen.“
Nahles erklärte die fehlende Einstellungsbereitschaft der Unternehmen für behinderte Menschen mit der gegenwärtigen Konjunkturschwäche sowie mit weiterhin vorhandenen Vorurteilen der Arbeitgeber. „Wir können mit unseren Fachleuten viel Unterstützung geben, wenn es darum geht, Betroffenen einen Arbeitsplatz entsprechend einzurichten“, sagte Nahles. Sie warb dafür, Beratung und Unterstützung der BA zu nutzen. Niemand, der behinderte Menschen beschäftige, werde mit möglichen Problemen alleingelassen.
Zudem verwies sie darauf, dass Menschen mit Behinderung mehrheitlich gut bis überdurchschnittlich ausgebildet seien. „Hier liegt noch viel Fachkräftepotenzial brach“, unterstrich Nahles.
Private und öffentliche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sind gesetzlich verpflichtet, auf mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Andernfalls müssen sie eine sogenannte Ausgleichsabgabe entrichten.
Die Aktion Mensch stellte am Freitag das diesjährige Inklusionsbarometer Arbeit vor, das gemeinsam mit dem Handelsblatt Research Institut erstellt wurde. Die Untersuchung mache deutlich: „Die Inklusion auf dem Arbeitsmarkt macht auch 15 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention, die das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe verankert, keine Fortschritte.“ Sowohl die Arbeitslosenzahlen als auch die Arbeitslosenquote seien im vergangenen Jahr gestiegen.
„Weniger als 39 Prozent der verpflichteten Unternehmen erfüllen die Fünf-Prozent-Quote vollständig“, hieß es. Das sei der niedrigste Wert seit Erscheinen des ersten Inklusionsbarometers. Mehr als 25 Prozent der Unternehmen beschäftigen noch immer keinen Behinderten. „Insbesondere die Privatwirtschaft liegt mit einer Einstellungsquote von vier Prozent weit unter dem Soll“, beklagt die Aktion Mensch.
Mit dem Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts wurde die Ausgleichsabgabe zum 1. Januar 2024 deutlich erhöht. „Wir erhoffen uns von der schärferen Sanktionierung, dass sie sich positiv auf die Beschäftigungszahl von Menschen mit Behinderung auswirkt“, sagte die Sprecherin der Aktion Mensch, Christina Marx.