Berlin, São Paulo (epd). Kurz vor dem G20-Gipfel in Brasilien hat es ein mutmaßliches Selbstmordattentat vor dem Obersten Gerichtshof in der Hauptstadt Brasília gegeben. Am Mittwochabend versuchte ein Mann gegen 19.30 Uhr (Ortszeit) in das Gerichtsgebäude einzudringen, wie die Polizei laut dem Nachrichtenportal „G1“ mitteilte. Kurze Zeit danach detonierte ein Sprengsatz, den er offenbar in einem Rucksack verstaut hatte. Der 59-jährige Attentäter kam dabei ums Leben.
Kurz vor dem Anschlag gab es auf einem Parkplatz in der Nähe eine weitere Explosion. Es soll sich um das Auto des Attentäters gehandelt haben. Der Mann hatte nach Polizeiinformationen erfolglos als Stadtrat im Bundesstaat Rio Grande do Sul für die Partei des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro kandidiert, aber nur 98 Stimmen bekommen.
Die Richter des Obersten Gerichts hatten gerade eine Sitzung beendet und wurden in Sicherheit gebracht. Der Platz der drei Gewalten wurde großräumig abgesperrt. Noch am Abend traf sich Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva mit seinen Ministern, um sich über den Vorfall informieren zu lassen. Nach Angaben der Polizei soll der Mann vor dem Anschlag in den sozialen Medien seine Absicht mitgeteilt haben, „eine Selbsttötung sowie Bombenanschläge gegen Menschen und Institutionen“ vornehmen zu wollen. Abgeordnete, die den Mann kannten, sprachen von psychischen Problemen.
Auf dem Platz der drei Gewalten im brasilianischen Regierungsviertel befinden sich neben dem Obersten Gerichtshof auch der Kongress und der Präsidentenpalast. Anfang des Jahres 2023 stürmten Anhänger von Bolsonaro in das Parlamentsgebäude und randalierten darin. Sie erkannten die Niederlage von Bolsonaro bei der Präsidentschaftswahl nicht an. Sicherheitskräfte verhafteten in den Tagen danach rund 1.500 Teilnehmer dieses Putschversuches, darunter Ex-Minister und hohe Regierungsbeamte. Inzwischen sind mehrere Rädelsführer zu Haftstrafen verurteilt. Anfang kommender Woche ist Brasilien Gastgeber des G20-Gipfels in Rio de Janeiro.