Bischöfin Fehrs räumt Fehler bei Aufarbeitung von Missbrauch ein

Bischöfin Fehrs räumt Fehler bei Aufarbeitung von Missbrauch ein
Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) berät, welche Konsequenzen aus der Studie zu sexualisierter Gewalt in der EKD und der Diakonie zu ziehen sind. Die Kirche wolle Menschen schützen, sagt die amtierende Ratsvorsitzende Fehrs.

Würzburg (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) debattiert selbstkritisch über Konsequenzen aus den Fällen sexualisierter Gewalt. „Wir versuchen, glaubwürdig aufzuarbeiten und systemische Gefahren zu erkennen, wollen Menschen schützen. Dabei machen wir auch Fehler“, räumte die amtierende Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs am Sonntag in ihrem Bericht an die EKD-Synode in Würzburg ein. Das Schwerpunktthema der Jahrestagung des Kirchenparlaments lautet „Migration, Flucht und Menschenrechte“.

Der bayerische Landesbischof Christian Kopp sagte in seiner Predigt im Eröffnungsgottesdienst am Sonntagmorgen, angesichts der weltweiten Fluchtbewegungen sei „viel Angst unterwegs“. Vorurteile gegenüber Fremden würden „geradezu gezüchtet“. Die Hamburger Bischöfin Fehrs kritisierte in ihrem Ratsbericht, im Mittelpunkt der politischen Debatte stünden derzeit „Abschreckung und Abschiebung: mehr Grenzkontrollen, mehr Rückführungen, die Streichung von Sozialleistungen und gleich des ganzen Grundrechts auf Asyl“.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte in einem Grußwort an das oberste evangelische Kirchenparlament, trotz aller Debatten über Migration und Einwanderung dürfe man sich in Deutschland nicht vom Grundrecht auf Asyl und dem Schutz politisch Verfolgter verabschieden. Hätte es in den 1930er Jahren ein Land mit einem solchen Asylrecht gegeben, wie es das heute in der Bundesrepublik Deutschland gebe, „dann wären nicht sechs Millionen Juden zum Opfer des Menschheitsverbrechens Schoa geworden“.

Die Präses der EKD-Synode, Anna-Nicole Heinrich, rief zum Engagement für die Demokratie auf. Die Demokratie gerate unter Druck, zeige ihre Verletzlichkeit in neuer Dimension, mahnte Heinrich: „Steigende Zustimmung für Populistinnen und Populisten, ein Klima der Angst und der Gewalt und wachsende rechtsextreme Kräfte in den Parlamenten. Daran will ich mich nicht gewöhnen.“

Neben dem Schwerpunktthema Migration stehen im Fokus der viertägigen Synodenberatungen die weitere Aufarbeitung der Fälle sexualisierter Gewalt sowie Personalentscheidungen. Im Januar hatte ein unabhängiges Forscherteam die ForuM-Studie zu Ursachen und Ausmaß sexualisierter Gewalt in der EKD und der Diakonie vorgelegt. Darin zählten die Forschenden mindestens 1.259 Beschuldigte, darunter 511 Pfarrer, und mindestens 2.225 Betroffene. Daneben stellten die Forschenden aber auch Mängel im Umgang mit Missbrauchsfällen und Betroffenen fest.

Am Montag werden die Delegierten erstmals seit der Veröffentlichung der ForuM-Studie über die Ergebnisse und Maßnahmen öffentlich diskutieren. Angemeldet ist auch eine Demonstration von Betroffenen sexualisierter Gewalt vor dem Tagungsort in Würzburg.

Der Umgang mit sexualisierter Gewalt bleibt aus Sicht der amtierenden Ratsvorsitzenden Fehrs eine große Herausforderung. Vor Journalisten sagte sie in Würzburg: „Die Zeit ist immer zu lang für Bedürfnisse und Wünsche von Betroffenen, dass dem Unrecht, das passiert ist, etwas entgegengesetzt wird.“ Die Umsetzung von Beschlüssen zum Umgang mit Missbrauch in der Kirche sei „Detailarbeit“, die dauere.

Die 63 Jahre alte Fehrs möchte sich ein Jahr nach dem Rücktritt ihrer Vorgängerin Annette Kurschus in Würzburg für die nächsten drei Jahre in das Vorsitzamt wählen lassen. Die Wahlen zum Ratsvorsitz sind für Dienstag geplant.