Berlin (epd). Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat vor dem 35. Jahrestag des Mauerfalls am 9. November dazu aufgerufen, sich offen und selbstkritisch mit dessen Folgen auseinanderzusetzen. Diskussionen über eine ostdeutsche Identität zeigten, „dass es noch viel aufzuarbeiten und zu besprechen gibt“, betonte er in einem Gastbeitrag im Berliner „Tagesspiegel“ (Samstag): „Ich hoffe, dass wir uns diesen Debatten stellen, mit Respekt und Toleranz.“ Vielfalt könne ein Wert für alle sein. „Mit Gleichmacherei werden wir unser Land und unsere Demokratie weder festigen noch fördern.“
Viele Menschen hätten damals gedacht, nun werde alles gut, Ost und West würden nach den langen Jahren der Teilung wieder zueinander finden. Doch bereits in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung von 1990 sei deutlich geworden, dass das Zusammenwachsen und die Transformation nicht einfach seien und gerade den Menschen in Ostdeutschland sehr viel abverlangten.
Heute seien die Fehler etwa bei der Transformation der Wirtschaft, in der Gesundheitspolitik, aber auch beim Umgang mit ostdeutschen Biografien unbestritten, schrieb Wegner. Zu Recht fragten sich bis heute viele Ostdeutsche, warum es in Führungspositionen von Rundfunkanstalten oder großen Unternehmen so wenige Ostdeutsche gebe, warum so viele Erfahrungen nicht wahrgenommen und warum bis heute noch unterschiedliche Löhne gezahlt würden.
Wegner forderte dazu auf, den 9. November zu feiern, denn er sei „ein Glückstag für die Berlinerinnen und Berliner, für die Menschen in Ost und West“ gewesen. An diesem Tag sei es friedlich geblieben, kein Schuss sei an den Grenzübergängen in Berlin gefallen.