Berlin (epd). Laut Verbraucherzentrale Bundesverband müssen Patienten bisweilen beim Arztbesuch für Behandlungen bezahlen, die eigentlich von den Krankenkassen übernommen werden. Das geht aus einem Verbraucheraufruf des Verbandes hervor, bei dem zwischen Februar und September rund 300 Meldungen eingegangen sind, wie der Verband am Mittwoch in Berlin mitteilte. Die Auswertung zeige, dass manche Behandlungen ungerechtfertigt als Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) angeboten wurden, obwohl diese eigentlich eine Kassenleistung waren. Zuerst hatten die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch) darüber berichtet.
Michaela Schröder, Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik beim Verbraucherzentrale Bundesverband, betonte, dass Verbraucher und Verbraucherinnen darauf vertrauen müssten, dass sich ärztliches Handeln einzig am Bedarf der Patienten und Patientinnen ausrichte. „Eine Praxis ist keine Verkaufsfläche“.
So berichteten Frauen unter anderem, dass sie für eine Ultraschalluntersuchung der Brust selbst zahlen mussten, obwohl ein begründeter Verdacht auf eine bösartige Veränderung oder eine Überweisung vorgelegen habe. Es gebe auch Berichte, dass notwendige Kontrolluntersuchungen bei Augenärzten sowie Tests zur Feststellung der Sehstärke als Selbstzahlerleistungen abgerechnet wurden, berichtete die Verbraucherzentrale.
In knapp einem Fünftel der eingegangenen Meldungen (19 Prozent) gaben die Verbraucher an, vor der Behandlung nicht über die privat zu tragenden Kosten informiert worden zu sein. In zwei Dritteln der Fälle (66 Prozent) berichteten sie, dass sie trotz der Kosten die medizinische Leistung in Anspruch genommen haben.
Besonders viele Beschwerden habe es über Hautärzte gegeben: Obwohl die Hautkrebsfrüherkennung ab dem 35. Lebensjahr alle zwei Jahre von der Krankenkasse übernommen werde, hätten Patienten Kosten für die Screenings selbst tragen oder Zuzahlungen leisten müssen, zum Beispiel für die Nutzung eines Auflichtmikroskops, teilte die Verbraucherzentrale mit.
„Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, ihre Patienten und Patientinnen wahrheitsgemäß darüber aufzuklären, welche Leistungen unter welchen Bedingungen von der Krankenkasse übernommen werden“, kritisierte Schröder. Patientinnen und Patienten müssten besser vor fragwürdigen IGeL-Praktiken geschützt werden. Deswegen rief der Verband die Bundesregierung auf, die Rechte von Patienten zu stärken: „Das veraltete Patientenrechtegesetz aus dem Jahr 2013 muss dringend überarbeitet werden - auch mit Hinblick auf die Umwandlung von Kassenleistungen zu IGeL.“
Die Marktbeobachtung des Verbraucherzentrale Bundesverbands schaltete den Verbraucheraufruf am 29. Februar auf der Webseite der Verbraucherzentralen. Ausgewertet wurden den Angaben zufolge 297 bis zum 16. September eingegangene Meldungen.